Aufruf zu kooperativer Pastoral: Bischof Bertram weiht vier neue Priester

Zuerst Bruder und Mensch

AUGSBURG – „Alles meinem Gott zu Ehren, in der Arbeit in der Ruh“, singt die Festgemeinde zu Beginn der Priesterweihe im Augsburger Mariendom. Der Gesang an diesem letzten Junisonntag klingt etwas dünn, obwohl Zeremoniar Pfarrer Ulrich Müller die Gottesdienstbesucher zuvor freundlich aufgefordert hat, auch unter der vorgeschriebenen FFP2-Maske mitzusingen. Falls es zu anstrengend werde, könne man auch mal eine Strophe aussetzen, lautet sein Rat. Nur 35 persönliche Gäste hat jeder Kandidat einladen dürfen. Der Dom ist deshalb eher spärlich besetzt.

An der untersten Stufe vor dem Zelebrationsaltar stehen die Kandidaten für die Priesterweihe: Jürgen Massinger aus Mariä Himmelfahrt in Ronsberg im Ostallgäu, Stefan Riedel aus St. Franziskus in Kempten im Westallgäu, Michael Schmid aus St. Nikolaus in Gammertingen-Feldheim auf der Schwäbischen Alb und Roland Weber aus Mariä Himmelfahrt in Türckheim im Unterallgäu. Alle vier Diakone waren im Augsburger Priesterseminar St. Hieronymus, vergisst Bischof Bertram Meier nicht, in seiner Begrüßung zu erwähnen. „Hier bin ich!“, antworten die Kandidaten wie einst Samuel im Alten Testament bei der ritualisierten Vorstellung. „Mit dem Beistand von Jesu Christus erwählen wir diese zu Priestern“, sagt der Bischof, nachdem ihm Michael Kreuzer, der Regens des Priesterseminars, versichert hat, seine Kandidaten seien „würdig“. 

In seiner Predigt bedankt sich Bischof Bertram bei den Diakonen, dass sie es wagen, sich in dieser Coronazeit zum Priester weihen zu lassen. „Ich weihe sie nicht zu Funktio­nären und Altardienern, sondern zu ,Cooperatores caritatis’, zu Mitarbeitern der Liebe Gottes“, stellt er klar. Er zitiert dazu Papst Franziskus. Dieser hat darauf hingewiesen hat, das Evangelium lade dazu ein, „das Risiko der Begegnung mit dem Angesicht des anderen anzugehen, mit seiner physischen Gegenwart, die uns anfragt, mit seinem Schmerz, mit seiner ansteckenden Freude“. Der Augsburger Oberhirte wünscht sich von den „angehenden Mitbrüdern im priesterlichen Dienst, dass Sie eine geschwisterliche Kirche fördern und selbst mit gutem Beispiel vorangehen“.

Auch wenn manche sie nun als „hochwürdiger Herr Kaplan“ betitelten, sollten sie „zuallererst Bruder und Mensch“ bleiben. Bischof Bertram fordert die Kandidaten auf: „Bringen Sie fähige Frauen ins Spiel! Lassen Sie sich von ihnen beraten, nicht nur assistieren. Nehmen Sie ihre Meinung ernst. Es wird Sie weiterbringen.“ Mit Papst Franziskus ist sich der Bischof einig, dass „die Räume für eine wirksame weibliche Gegenwart in der Kirche“ erweitert werden müssten, denn das weibliche Talent sei unentbehrlich.

Keine Angst vor Frauen!

„In der Kirche“, mahnt Bischof Bertram, „begründen die Funktionen keine Überlegenheit der einen über die anderen.“ Tatsächlich sei eine Frau, nämlich Maria, bedeutender als die Bischöfe. „Liebe Brüder“, ermuntert der Oberhirte die Kandidaten, „habt keine Angst vor Frauen, denen Ihr begegnet in der Pfarrei, mit denen Ihr arbeitet in der Jugend oder im Seelsorgeteam. Macht ernst mit der kooperativen Pastoral! Die pastoralen Berufsgruppen kennen kein Oben und Unten. Sie ziehen an einem Strang – auf Augenhöhe.“

Der Bischof bittet aber auch darum „die gesunde Balance zu halten zwischen Nähe und Distanz. Seid achtsam, damit Ihr keine Grenze überschreitet.“ Wenn Frauen als Schwestern „partnerschaftlich, ebenbürtig, beratend, korrigierend, inspirierend“ eingebunden werden, schmälere dies nicht „unsere priesterliche Autorität, es vertieft und stärkt sie“.

Vor der Kathedra, also dem Bischofssitz, stellen sich die jungen Männer zu zweien hintereinander auf. Sie versprechen dem Bischof, ihr ganzes zukünftiges Leben auf Jesus Christus auszurichten. Jeder Kandidat kniet einzeln vor dem Bischof und legt seine Hände in die des Oberhirten. „Versprichst du mir und meinem Nachfolger Ehrfurcht und Gehorsam?“, fragt dieser und der Knieende erklärt: „Ich verspreche es.“  – „Gott selbst vollende das gute Werk, das er in dir begonnen hat“, anwortet der Bischof jedem.  

Dann legen sich die vier Diakone in ihren knöchellangen, weißen Gewändern der Länge nach ausgestreckt auf den roten Teppich, der vor der untersten Altarstufe ausgerollt worden ist. Dieses Zeichen der Demut berührt die Gottesdienstbesucher. Sie wollen einen Blick auf die Daliegenden erhaschen, während die Allerheiligenlitanei gesungen wird. Wenn einmal die direkte Sicht nicht möglich ist, dann helfen die beiden großen Bildschirme weiter, die in den Seitenschiffen aufgestellt sind.

Stille im Dom

Nun steht der Höhepunkt an: Die Handauflegung und das Weihegebet. Jeder Kandidat kniet sich wieder einzeln vor der Kathedra des Bischofs nieder. Dieser legt ihm die Hände auf. Ganz still ist es im Dom. Der Bischof betet bei jeder Handauflegung in Gedanken unter anderem: „Allmächtiger Vater, wir bitten dich, gib diesen deinen Dienern die Würde des Priestertums. Das Amt, das sie aus deiner Hand, o Gott, empfangen, die Teilhabe am Priesterdienst, sei ihr Anteil für immer.“

Die gerade geweihten Priester lösen nun die Stola, die sie nach Art der Diakone quer über die linke Schulter getragen haben, aus dem Gürtel ihrer Albe und legen sie einmal um den Hals. Jetzt tragen sie die Stola so, wie man es von den Priestern kennt. Und schon kommen die Pfarrer ihrer Heimatgemeinden aus dem hinteren Chorraum, um den neu geweihten Priestern in ihre schlichten, fließend fallenden Messgewänder, die Kaseln, zu helfen. Dann salbt Bischof Bertram die Hände der Neugeweihten mit Chrisam. In einem weiteren ausdeutenden Ritus legt der Augsburger Oberhirte jedem Priester symbolisch eine vergoldete Hostenschale und einen vergoldeten Kelch in die Hände, um an ihre Aufgabe zu erinnern, das Messopfer zu feiern. Zum Abschluss der Weihe wünscht Bischof Bertram seinen Neupriestern den Frieden des Auferstandenen. 

Die hier vorgesehene Umarmung wandelt Bertram Meier pandemiebedingt in ein herzlich Schütteln der Unterarme um. Auch die Handauflegung von Priestern aus der Diözese als Zeichen dafür, dass die Neugeweihten nun der Priesterschaft der Diözese Augsburg angehören, ist coronabedingt gestrafft worden. Stellvertretend legen den neuen Priestern, die auf den Stufen vor dem Zelebrationsaltar knien, Generalvikar Harald Heinrich, Priesterratssprecher Bernhard Ehler, Subregens Albert Wolf, Spiritual Michael Lechner und Regens Michael Kreuzer die Hände auf.

Einander segnen

Dann feiert Bischof Bertram in Konzelebration mit den Neugeweihten sowie dem Regens und dem Spiritual das Messopfer am Zelebrationsaltar. Das „Großer Gott, wir loben Dich“ nach der Kommunion gerät dann trotz FFP2-Maske vor dem Mund der Gottesdienstbesucher kräftiger und lebhafter als das Eingangslied. Die Domsingknaben unter Leitung von Julian Müller-Henneberg legen über den Gesang der Festgemeinde jubilierende Akkorde. 

Zum Schluss bedankt sich Bischof Bertram bei den vier Jungpriestern, dass sie sich in den Dienst Jesu Christi stellen. Der Segen, den sie erteilten dürfen, sei ein erste Frucht der Weihe von heute. Er bittet die jungen Männer, später einmal auch diejenigen zu segnen, die ihnen Probleme machen. „Segnen können wir alle“, sagt Bischof Bertram zu den Gottesdienstbesuchern. „Entdecken Sie das Segnen im Familienleben neu. Segnen Sie sich einander!“, fordert er die Gläubigen auf. Dann schreiten die Neugeweihten zur obersten Stufe vor dem Altar und spenden singend den ersten priesterlichen Segen. Gerhard Buck

Information

Der genaue Wortlaut der Predigt findet sich zum Nachlesen auf der Homepage www.katholische-sonntagszeitung.de, Stichwort Dokumentation.  

02.07.2021 - Priester