Ulrichswoche (Donnerstag, 12. Juli 2018 10:14:00)

Kinderchöre, Nationen und Charismatiker feiern beim Bistumspatron

Gesang in vielen Sprachen

Zum vierten Kinderchortag im Rahmen der Wallfahrtswoche zu Ehren des Bistumspatrons St. Ulrich hat das Amt für Kirchenmusik eingeladen, und viele sind gekommen: 21 Chöre mit 370 Kindern, Chorleitern und Begleitern versammeln sich am Samstag vormittag auf dem Kirchplatz vor der Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg. 

Der „Sunray-Chor“ („Sonnenstrahlen-Chor“) aus Dietershofen im Unterallgäu fällt mit seinen leuchtend blauen T-Shirts, auf denen eine gelbe Sonne strahlt, ins Auge. Seit Mai hat Chorleiterin Margarete Eisenbarth die Stücke für den Kinderchortag einstudiert. „Die Lieder sind nicht schwer“, versichert Anna Nägele (7). Nur das englische „Let us break bread“ (Lasst uns das Brot brechen) sei ein bisschen schwierig. „Bei uns ist das Lied voll beliebt“, erklärt Jakob Schäfer (9) von der Laurentius-Schola Weinried. Er ist seit einem Jahr bei dem Chor. „Mein Opa hat gesagt, dass ich mal hingehen soll. Es macht Spaß.“

Kaum Zeit, vorher zu üben, hatte der Kinder- und Jugendchor St. Martin aus der Pfarreiengemeinschaft Aindling. „Wir haben letzte Woche noch das Musical Josef aufgeführt. Jetzt musste es schnell gehen“, sagt Chorleiterin Elisabeth Friedel. „Wir wollten unbedingt beim Kinderchortag dabei sein.“ 

Julia Poller (11), Clara Friedel (10), Annika Prieschenk (11) und Clara Domke (10) sitzen auf den Treppenstufen am Kirchplatz und stärken sich mit einer Brotzeit, bevor es losgeht. Sie freuen sich auf den Gottesdienst, „weil es cool ist, mit ganz vielen anderen Kindern zu singen“, findet Julia Poller. Aufgeregt sind die Mädchen nicht, denn „es sind so viele Kinder, wenn man da mal falsch singt, hört man es nicht so“, sagt Clara Domke.

Noch sind nicht alle Chöre in der Basilika eingetroffen, doch die Zeit drängt. Organist Peter Bader begrüßt die Teilnehmer und fängt gleich mit ein paar Stimmübungen an. „Wir machen ssssst-t-t-t, und zwar das T genau auf den Punkt“, weist er die Sänger an. Ein lang anhaltendes Zischen geht durch die Kirche. „Und jetzt begrüßen wir uns und singen: hallo, hallo, hallo-ho-ho.“

Knapp eine Stunde studieren die jungen Gesangstalente die Stücke ein, die anschließend im Gottesdienst gesungen werden. Beherzt greift Bader dazu in die Tasten seines Keyboards. Nach der Probe und einer kurzen Pause beginnt die Messe. Pater Stefan Kling, Leiter des Amts für Kirchenmusik, richtet an alle ein „herzliches Grüß Gott. Wir freuen uns auf ein schönes, gemeinsames Singen und Beten.“ 

„Himmel, Erde, Luft und Meer, sie sind alle sein“, schallt es aus hunderten Kehlen durch die Kirche. Bischofsvikar Prälat Bertram Meier, der die Messe feiert, ist beeindruckt. „Es ist schön, das ihr euer Talent zum Singen für den lieben Gott einsetzt“, lobt er die Kinder und Jugendlichen. „Singt immer weiter, euer ganzes Leben lang, zum Lobe Gottes“, ermuntert er sie.

„Ich bin ja auch der so genannte Domprediger. Im Dom würden wir oft ganz schön alt aussehen, wenn es nicht das Orgelspiel gäbe – die Leute singen manchmal ganz schlecht mit“, gesteht Prälat Meier den Kindern. „Hier dagegen klappt das Singen sogar pima, wenn euch der Organist einmal nicht auf den Tasten begleitet“, freut er sich.

Zum Abschluss des Gottesdienstes stimmen alle gemeinsam das Ulrichslied an, bevor es mit großem Appetit in den Garten des benachbarten Hauses Sankt Ulrich geht. Dort werden die Sänger mit einer Portion Spaghetti gestärkt.

Vielfalt der Völker

Eine bunte Völkervielfalt ist beim Gottesdienst der Nationen zu sehen, der am Sonntag zu Ehren des heiligen Ulrich gefeiert wird. Einige sind in Tracht gekommen. Nadj Josef (78) trägt das Sonntagsgewand der ungarischen Reiter: eine weiße Hose und ein weißes Hemd, darüber eine schwarze Weste, mit bunten Blumen bestickt, und einen schwarzen Hut mit breiter Krempe. Außerdem eine lange Peitsche. „Damit treiben die Ungarn ihre Pferde zusammen“, erklärt er.

Elvira Knezevic (42) erscheint in kroatischer Tracht: Sie trägt ein weißes Kleid, dazu eine schwarze Stola mit Blumen und eine Schürze mit Goldbrokat. „Ich komme jedes Jahr zum Gottesdienst der Nationen. Er wird in vielen Sprachen gehalten, das gefällt mir sehr gut“, sagt sie.

In Röcken, Hemden und Schals mit Mustern in kräftigem Gelb und Orange fallen die Frauen und Männer der afrikanischen Gemeinde Augsburg auf. Ibe Kevin (42) aus Nigeria ist mit seiner Frau und den drei Kindern zum Gottesdienst gekommen. Für orientalischen Zauber sorgen Sandra Kakki und Nadea Magse Itaso aus dem Irak: Ihre bunten Gewänder sind über und über mit Mustern und hunderten Pailletten bestickt. Sie glitzern und schimmern bei jeder Bewegung. 

„Lobe den Herren, den mächtigen König der Erden“, singen die Gläubigen zum Einzug. Mehr als ein Dutzend Sprachen aus Europa, Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten sind in dem Gottesdienst zu hören: Die Gesänge, die Lesung, die Fürbitten, die Psalmen und das Evangelium werden in jeweils verschiedenen Sprachen vorgetragen. 

„Dieses Jahr sind sogar drei Sprachen dazugekommen: Arabisch, Aramäisch und Slowakisch“ , erklärt Domkapitular Alessandro Perego, der die Messe zelebriert und dabei von den Priestern der ausländischen Gemeinden und Missionen unterstützt wird. Im Noten- und Programmheft zum Gottesdienst der Nationen finden sich neben den lateinischen Buchstaben auch drei weitere Schriftzeichen: arabische, aramäische sowie kyrillische für die Gläubigen aus der Ukraine. 

Temperamentvoll und manchmal wehmütig klingen die Gesänge der polnischen, ungarischen und kroatischen Chöre, beschwingt die Lieder der Italiener. Mitreißende Trommelrhythmen schlagen die Afrikaner zur Evangelienprozession. 

In der Predigt schildert Monsignore Perego die Geschichte eines Schülers, der nicht einschlafen kann und seinen Rabbi fragt, wann die Nacht vorüber ist. Der Rabbi antwortet: „Die Nacht ist dann zu Ende, wenn du deinen Bruder erkennst.“ 

Ohne Gott lebe der Mensch in Finsternis, doch der Herr schenke seinem Volk Licht, erklärt Perego. Immer wieder habe Gott das Volk Israel aus Dunkelheit und Finsternis errettet. Auch Christen, die – wie viele Mitglieder der ausländischen Gemeinden im Bistum Augsburg – fliehen und ihre Heimat verlassen mussten, fänden in der Glaubengemeinschaft einen Ort, an dem es hell sei, an dem sie ihre christlichen Brüder und Schwestern erkennen und Rettung finden können.

„Das Kreuz ist stark“

Auch am Nachmittag ist die Ulrichsbasilika erfüllt von mit-
reißenden Klängen. Pfarrer Bernhard Hesse, der seit Januar Leiter der Charismatischen Erneuerung in der Diözese ist, feiert eine Messe in der Basilika St. Ulrich und Afra: Die Charismatische Erneuerung im Bistum Augsburg hat ihren Diözesantag in die Ulrichswoche gelegt und unter das Motto „Weg zur Jüngerschaft durch Alphakurse“ gestellt. 

Drei Mitglieder der Immanuel-
Lobpreiswerkstatt, dem Lobpreisteam der Gemeinschaft Immanuel Ravensburg, stimmen die Gläubigen mit Gesang und Gitarrenklängen auf die Feier ein und begleiten musikalisch den Einzug der Geistlichen. Neben dem Zelebranten stehen Pater Wolfgang Held, Pfarrer Michael Kammerlander und Diakon Christian Reisacher am Altar.

„Diese Messe ist die Krönung unseres Diözesantags“, sagt Pfarrer Hesse und geht kurz auf dessen Thema ein: „Das wichtigste, das wir in der Charismatischen Erneuerung tun dürfen ist, Menschen zu Jesus zu bringen. Und jeder von uns hat entdeckt, dass Gott einen Plan mit uns hat.“ 

In der Predigt spricht er über den heiligen Kilian, an dessen Gedenktag, dem 8. Juli, die Messe stattfindet und der von Irland aufs Festland kam, um das Evangelium zu verkünden. Die Iren hätten damals die christlichen Mönche Märtyrer genannt, weil sie Zeugnis ablegten. Sie hätten das zunächst durch ein Leben in Zurückgezogenheit getan. „Doch der Herr hatte eine andere Möglichkeit für sie, Zeugnis zu geben“, erklärt Hesse. Es sei schwer für sie gewesen, auszuziehen und die „Wilden“ zu bekehren – und keinesfalls Abenteuerlust. Aber sie hätten gewusst, warum sie es taten: weil Gott sie gerufen hatte. Auch der heilige Ulrich sei im Vertrauen auf Gott ausgezogen.

„Man muss wissen, warum man etwas tut. Das gilt auch für uns Christen. Es ist wichtig, immer wieder zu hinterfragen, warum man in der Kirche etwas tut“, so Hesse. „Es ist anstrengend, aber ich tue es, weil Gott mich gerufen hat, den Menschen seine Liebe zu zeigen, weil er einen Plan mit mir hat“, erklärt er. Man solle es nicht wegen der persönlichen Anerkennung oder des eigenen Erfolgs tun und weil man sich selbst dabei wohlfühlt, sondern nur, weil Gott es will. 

Die Fürbitten während der Eucharistiefeier werden von den Priestern und von einigen Gläubigen gesprochen. Sie beten für den Frieden in der Welt. „Das Kreuz ist stark. Es ist heute nicht schwächer als vor 1000 Jahren“, mit diesen Worten lädt Pfarrer Hesse die Gläubigen am Ende der Eucharistiefeier ein, sich am Ulrichsaltar der Basilika mit dem Ulrichskreuz und dem Kreuzreliquiar einzeln segnen zu lassen. Zuvor macht er noch auf den Alphakurs der Charismatischen Erneuerung im September in Kempten aufmerksam. „Wir können zusammen noch viel tun, um Menschen zu Jesus zu führen“, unterstreicht er.

Roswitha Mitulla/ Barbara Lang