Wolfgangspredigt des Bischofs gegen regionale Ausnahmen der Zölibatspflicht

Die eigentliche Sendung der Kirche

REGENSBURG (mb/sm) – Klar gegen regionale Ausnahmen bei der Zölibatspflicht hat sich Bischof Rudolf Voderholzer in seiner traditionellen Wolfgangspredigt ausgesprochen. Am Hochfest des heiligen Wolfgang, Patron des Bistums Regensburg, feierte er ein Pontifikalamt in der Regensburger Basilika Sankt Emmeram und nahm zu aktuellen Fragen der Kirche Stellung, die im Zusammenhang der Amazonas-Synode und des bevorstehenden synodalen Prozesses in der Öffentlichkeit debattiert wurden. 

In seiner Predigt verwies Bischof Rudolf auf die Erst-Evangelisierung unserer Heimat durch die Heiligen Wolfgang und Emmeram, die immer auch vorbildlich bleiben werde für die stets notwendige Neu-Evangelisierung. In einer Phase der Erst-Evangelisierung befinde sich auch die Kirche im Amazonasgebiet. In der jüngst zu Ende gegangenen Amazonas-Synode habe die Frage Aufmerksamkeit erregt, wie das Christentum mit Formen der Frömmigkeit umgeht, denen es in anderen Kulturen begegnet. Konkret bezog sich der Bischof dabei auf die Verehrung naturaler Fruchtbarkeit in Form der personifizierten Mutter Erde, der „Pacha-Mama“, die während der Amazonas-Synode für Irritationen sorgte. 

In Christus „aufgehoben“

Dahinter stehe die Frage, was das Christentum denn an Neuem den Menschen anbiete. Die Antwort habe bereits Irenäus von Lyon im zweiten Jahrhundert gegeben: „Alle Neuheit hat Christus gebracht, indem er sich selbst brachte.“ In seiner Neuheit komme Christus den Fragen, der oft unausdrücklichen Sehnsucht aller Menschen und ihrer „natürlichen“ Religiosität entgegen, reinige sie zugleich, erhöhe sie und gebe ihnen die unüberbietbar göttliche Antwort. In Christus seien alle Religionen „aufgehoben“ in einem dreifachen Sinn: außer Kraft gesetzt, erhöht und bewahrt. 

Der heilige Bonifatius, Apostel der Deutschen, „hat die Donar-Eiche, den Kultbaum der germanischen Götterwelt, nicht umtanzt und nicht umarmt, sondern er hat sie gefällt und aus ihrem Holz ein Kreuz gezimmert und eine Petruskapelle gebaut“, sagte der Bischof. Allein schon mit Blick auf die Ökumene sei es wichtig, heidnische Skulpturen nur nach geistig-geistlicher Umschmelzung in den Raum der Kirche zu tragen. Die Reformatoren hatten die Katholische Kirche heftig kritisiert, heidnische Bräuche und Frömmigkeitsformen unkritisch übernommen zu haben. 

Zur Forderung, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, sagte Bischof Voderholzer, dass Jesus selbst als „Eunuch“ beschimpft und verspottet worden sei (vgl. Mt 19). Und doch sei gerade die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen „Ausdruck der Neuheit Christi, lebendiges Glaubenszeugnis für den Anbruch des Gottesreiches, Ausdruck des Vertrauens auf die Kraft geistlicher Fruchtbarkeit, Zeichen der Hoffnung auf eine größere, alles Innerweltliche übersteigende Erfüllung“. Bischof Rudolf rief allen jungen Männern zu, die sich in den priesterlichen Dienst gerufen sehen: „Lasst euch nicht verwirren!“

Die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils stehe und sei gültig: Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen sei als die Lebensform Jesu und der Apostel dem Priesteramt in vielfacher Hinsicht angemessen. Sie sei ein Kriterium auch der Ernsthaftigkeit der Nachfolgebereitschaft und – gelebt in brüderlicher Kollegialität in der Gemeinschaft des Presbyteriums – eine vielfach bewährte Quelle geistlicher Fruchtbarkeit.

Bischof Rudolf: „Ich bin der festen Überzeugung: Wo die Sehnsucht nach der Eucharistie, Hunger nach der ‚geistlichen Speise‘, nach dem ‚Brot vom Himmel‘ wirklich groß ist, dort wird auch die Bereitschaft wachsen, dem Ruf in die Ganzhingabe im Priesteramt zu folgen – sei es in Amazonien, sei es in Mittel­europa.“

Vertiefte Sicht

Darüber hinaus betonte der Bischof, dass zur Neuheit des Christlichen auch eine vertiefte Sicht der Einheit und Unterschiedenheit von Mann und Frau bei gleicher Würde und unterschiedlicher Sendung und Berufung gehöre. „So war es doch einigermaßen verwunderlich, in diesem Zusammenhang von einer namhaften kirchlichen Stimme in der Bild-Zeitung zu hören, dass der Unterschied zwischen Mann und Frau einzig und allein in einem Y-Chromosom bestehe.“

Bischof Voderholzer kritisierte damit die Positionierung des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck in der Debatte um eine Priesterweihe für Frauen. In einem Interview hatte der Ruhrbischof den vom Lehramt der Katholischen Kirche als „definitiv“ verteidigten Ausschluss der Frauen vom Weiheamt der Katholischen Kirche hinterfragt. „Kann man zum Beispiel an einem Y-Chromosom den Zugang zum Priesteramt festmachen, indem man das mit dem Willen Jesu begründet? Die allermeisten Menschen verstehen das nicht mehr und glauben es auch nicht. Ich bin ebenfalls mehr als nachdenklich“, so Bischof Overbeck.

 Bischof Voderholzer warf Overbeck vor, so den Blick auf die Genetik zu verengen und somit eine „Quasi-Gleichheit der Geschlechter“ zu unterstellen. Immerhin, so sei zu entgegnen, lasse Gott aus dem „kleinen Unterschied“ im genetischen Ursprung die Geschlechterdifferenz entstehen, die unser Menschsein zutiefst bestimme und präge. Gott habe auf der gegenseitigen Anziehung von Mann und Frau die Weitergabe des Lebens und damit nichts weniger als die Zukunft der Geschichte begründet. 

„Sollte mit dem genannten biologistischen Argument das Argumentations-Niveau des bevorstehenden Synodalen Weges vorgezeichnet sein, dann sehe ich ehrlich gesagt wenig Sinn darin, dabei mitzumachen“, sagte Bischof Voderholzer.

Abschließend zitierte er Papst Franziskus, der in seinem Brief an die Deutschen vom Juni dieses Jahres schrieb: „Pastorale Bekehrung ruft uns in Erinnerung, dass die Evangelisierung unser Leitkriterium schlechthin sein muss, unter dem wir alle Schritte erkennen können, die wir als kirchliche Gemeinschaft gerufen sind in Gang zu setzen; Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche.“

Bischof Rudolf: „Das war das Programm der Apostel, das war das Programm des heiligen Bonifatius, des heiligen Wolfgang und all der vielen Glaubenszeuginnen und -zeugen bis herauf in unsere Tage. Und es ist auch das einzig sinnvolle und zielführende Programm für die Gegenwart und die Zukunft der Kirche.

06.11.2019 - Bistum Regensburg , Zölibat