Innovatives Hilfsprojekt initiiert

Konkret und unbürokratisch

TEUBLITZ (mh/sm) – „Zuerst hat man sich an die Schreckensbilder und das Elend gewöhnt. Dann hat man es vergessen.“ Mit diesem drastischen Satz fasst der Teublitzer Pfarrer Michael Hirmer die öffentliche Wahrnehmung zur Situation in Syrien und im Libanon zusammen. „Aber auch vergessenes Elend bleibt Not, unter der Menschen leiden.“ Unter Vermittlung von Hirmer haben sich jetzt mehrere Projektpartner gefunden, die ganz konkret und unbürokratisch helfen wollen.

Hierzu fand kürzlich eine spontane, aber überaus erfolgreiche Video-Konferenz statt, bei der Gliederungen des ökumenischen Lazarus-Ordens in Deutschland, das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte, der Verein „Christen helfen Christen“ sowie das syrisch-melkitische Patriarchat vernetzt wurden. 

„Unser Ordensbruder Michael Hirmer machte uns auf einen Hilferuf des melkitischen Patriarchen, dem Oberhaupt der Christen in Syrien, Libanon, Israel und Palästina aufmerksam“, erklärt Klaus-Dieter Herbst aus Berlin, der die Geschäfte des Lazarus-Ordens führt. „Patriarch Yussef, der seinen Sitz in Damaskus hat, ist das geistliche Oberhaupt unseres ökumenischen Ordens. Sein Hilferuf stieß deshalb beim Lazarus-Orden sofort auf offene Ohren.“

Vor allem die medizinische Versorgung der Bevölkerung stelle ein immer größer werdendes Problem dar. „In Syrien wurden viele Krankenhäuser und Praxen durch den Krieg zerstört. Viele, vor allem christliche Ärzte wurden von den Terror-Milizen vertrieben“, schildert Abbuna Mayas Abbout die Lage vor Ort. Der Geistliche der melkitischen Kirche wurde wie viele seiner Glaubensgeschwister während des Bürgerkriegs in Syrien verfolgt und musste fliehen. Hier in Deutschland kümmert er sich seelsorgerisch um die vertriebenen Christen und versucht sie zu einer Gemeinschaft zu vernetzen. 

„Wir wollen Aufbauhilfe leisten, damit wir bald wieder zurückkehren können.“ Dabei hat der Abbuna, was so viel wie „Pfarrer“ bedeutet, einen Vertrauten in Reinhold Then gefunden. Der beim Bistum Regensburg beschäftigte Theologe ist ausgewiesener Experte für den Nahen Osten. Er leitet die Stelle für Bibelpastoral und steht ehrenamtlich dem Verein „Christen helfen Christen“ vor, der sich der Not der verfolgten Christen annimmt.

„Arabisch, wie das Projekt entstand, deutsch, wie es jetzt organisiert wird“, lacht Then über die Art und Weise, wie die Video-Konferenz zustande kam. „Arabisch, weil persönliche Netzwerke hier den Anstoß gaben. Deutsch, wie das Projekt angepackt und ins Rollen gebracht wurde.“ 

Innerhalb von 24 Stunden schaffte es Michael Hirmer, mit einem spontanen Treffen im Teublitzer Pfarrhof und einer ad hoc organisierten Video-Konferenz ein innovatives Projekt mit kompetenten Partnern auf den Weg zu bringen. „Mit Hilfe von mobilen Hausarzt-Praxen reagieren wir auf die desolate medizinische Lage“, bringt Klaus-Achim Sürmann vom Hilfswerk Deutscher Zahnärzte, der aus dem Rheinland zugeschaltet war, das Hilfsprojekt auf den Punkt. „Wir haben schon das Know-how für mobile Zahnarztpraxen, die wir weltweit einsetzen.“ Ziel ist es, einen Lkw oder Krankenwagen zu einer Arztpraxis umzubauen, der dann zu den kranken und alten Menschen gleich welcher Religion oder Ethnie fahren kann. Dabei steht die Hilfe zur Selbsthilfe an oberster Stelle. 

„Unsere Partner im Nahen Osten melden uns, was sie selbst im Land für Ausrüstung und Material besorgen können. So unterstützen wir die heimische Wirtschaft und nützen gleichzeitig Technologien, mit denen die Menschen vor Ort umgehen können“, betonen Klaus-Dieter Herbst und Klaus-Achim Sürmann. Für Abbuna Mayas ist dieser Kontakt kein Problem: „Ich erkundige mich bei den geflohenen Ärzten und unseren Gemeinden vor Ort, was gebraucht wird und ob man es dort besorgen kann.“ Über den Berliner Arbeiter-Samariter-Bund soll eine Expertise zu mobilen Arztpraxen eingeholt werden, damit baldmöglichst eine solche im Nahen Osten eingesetzt werden kann. Reinhold Then weist noch auf einen weiteren Vorteil einer mobilen Arztpraxis hin. „Zuerst soll das Praxis-Mobil im libanesischen Beirut, das immer noch von der heftigen Kunstdünger-Explosion gezeichnet ist, stationiert werden. Später kann es einfach ins benachbarte Syrien verlegt werden.“

Neben der technischen Umsetzung des Projekts wurde auch über dessen Finanzierung gesprochen. Dabei zeigten sich das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) und der Lazarus-Orden bereit, diese zu übernehmen. Das HDZ erwirtschaftet seine Spenden aus nicht mehr benötigtem Zahngold, dass Zahnärzte aus dem ganzen Bundesgebiet zur Verfügung stellen. Hinter dem Lazarus-Orden stehen eine eigene Stiftung sowie Mitglieder aus allen christlichen Konfessionen, die durch ihre Mitgliedsbeiträge Hilfsprojekte weltweit unterstützen. Sollte die erste mobile Hausarztpraxis ein Erfolg werden, könnten sich alle Projektbeteiligten weitere Einheiten vorstellen.

25.11.2020 - Bistum Regensburg