Junge Menschen in Deutschland haben Befragungen zufolge ein gespaltenes Verhältnis zum Gendern. Rund 54 Prozent der 16- bis 35-Jährigen lehnen die Debatten um eine geschlechtersensible Sprache eher ab und fühlen sich zum Teil "genervt", wie das Rheingold-Institut am Donnerstag in Köln mitteilte. Zugleich finden 44 Prozent die Diskussion wichtig und gerechtfertigt. Unter den jungen Frauen halten 54 Prozent die Debatten für sinnhaft.
An der repräsentativen Umfrage nahmen laut Rheingold-Institut 2.000 Menschen im Alter zwischen 16 und 35 Jahren teil. Zusätzlich führte das Institut eine tiefenpsychologische Befragung unter 46 Menschen zwischen 14 bis 35 Jahren durch. Etwa drei Viertel der Studienteilnehmer ordneten sich klar dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zu. Rund ein Viertel sah sich dazwischen.
Laut Umfrage finden nur 3 Prozent der jungen Frauen und 11 Prozent der jungen Männer, dass volle Gleichberechtigung erreicht ist. Dem Institut zufolge war vielen Befragten nicht genau klar, dass es beim Gendern um eine sprachliche Sichtbarmachung von Frauen gehe. So gaben nur 36 Prozent an, dass das Gendern Frauen in der Sprache stärker berücksichtige und für mehr Gleichstellung sorgen solle.
"Durch diese Unklarheit wird das Gendern oft zur Chiffre für allgemeine gesellschaftliche Missstände", vermutete das Institut. Stellvertreterkriege etwa zu mangelnder Diversität und ungleicher Bezahlung, aber auch zur fehlenden Integration von Geflüchteten oder zu Rassismus könnten sich so entspinnen. "Alle diese Themen führen oft zu verbitterten Grabenkämpfen im Alltag", erklärten die Forschenden.
Das Institut rät zu mehr Flexibilität, Toleranz, Humor und einer besser ausgeprägten Fehlerkultur in der Genderdebatte. Zudem sei die Akzeptanz des Genderns stark vom Zusammenhang abhängig. Vor allem in offiziellen Kontexten und bei geschriebener Sprache sei das Gendern "eine Form des Respekts, die mittlerweile zum guten Ton gehört". Die mündliche Sprache dürfe im Sinne einer pragmatischen Kommunikation jedoch flexibel bleiben.
Tolerant zeigten sich die Studienteilnehmer in Bezug auf die verschiedenen Formen des Genderns. Ob Unterstrich oder Genderstern - wichtig sei, dass überhaupt gegendert werde, so das Institut.
KNA