Großarltal in Österreich

Suche nach dem Babyelefanten

Der Babyelefant ist Österreichs neuer Held. Er hat geholfen, die Corona-Infektionen drastisch zu senken, so dass Österreich nun zu den sichersten Reiseländern weltweit gehört. Für deutsche Touristen wurden die Grenzen schon zum Fronleichnamsfest geöffnet. Seither sind die Züge Richtung Österreich bestens gebucht. 

Auch die  Vorgaben für den Abstand wurden in der Alpenrepublik gelockert. Den hat man in Österreich jedoch nicht in Metern gemessen. Das neue Maß war hierzulande der Babyelefant – sehr zum Amüsement der Touristen. Der Länge nach wurde der vermessen, heißt es, aber ohne Rüssel. Das ergibt rund einen Meter Abstand und hat offenbar gereicht. 

Symbol zum Abstandhalten

Es sei darum gegangen, ein Symbol zu finden, damit die Menschen stetig daran erinnert werden, Abstand zu halten, erklärte Werner Singer, Chef der zuständigen Werbeagentur. Vermutlich war der Babyelefant in Österreich schon vor Corona bestens bekannt – selbst dort, wo es keinen Zoo gibt. Einige denken sogleich an Hannibal, der 218 vor Christus mit einem großen Heer und 37 Elefanten über einen Schweizer Alpenpass zog, um Rom anzugreifen. 

Alle 37 Tiere hätten den Marsch überlebt, berichtete der römische Historiker Titus Livius in seiner Chronik rund 180 Jahre später. Ob sich wohl einige Tiere Richtung Österreich davongemacht und ihre Nachkommen dort überlebt haben? Vielleicht im stillen Großarltal, 70 Kilometer südlich von Salzburg, überlegen die Urlauber – und suchen Rat beim Tourismusverband. 

Ob man bei der Suche nach dem Babyelefanten vielleicht helfen könne, fragt eine Deutsche. Der Wunsch verblüfft, doch die Großarler haben Humor. Augenzwinkernd bietet sich der Experte Thomas als Begleiter an. Was tut man im Großarltal nicht alles für die Gäste – und das schon seit vielen Jahren. 

Der nächste Tag ist ein Sonntag. Also erst zur Heiligen Messe und danach in die Berge, um den Babyelefanten aufzuspüren und auszumessen. Das Läuten der Glocken der spätbarocken Pfarrkirche schallt durch das ganze Dorf. 

Gotteshaus zwecks Restaurierung geschlossen

Das Gotteshaus ist gerade zwecks Restaurierung geschlossen. Anstatt den Berghang zur Kirche hinaufzusteigen, eilen die Gläubigen zum Musikpavillon, zum Gottesdienst an frischer Luft. Das gute Wetter gibt das problemlos her. Gesungen wird wegen der Ansteckungsgefahr natürlich nicht – doch die Vier-Mann-Blaskapelle könnte es mit jedem Elefanten aufnehmen.   

Danach fährt Thomas, ausgerüstet mit Profi-Kamera und Bandmaß, mit dem Babyelefanten-Suchtrupp zu der auf 1794 Metern gelegenen Ellmaualm. Sie ist eine von 40 bewirtschafteten Almen im Großarltal. Als „Tal der Almen“ wird es daher bezeichnet. Gemütliche Hütten sind es, zumeist mit Sonnenterrasse und guter Bauernküche. Auf einigen können Wanderer übernachten.

Messübungen an Ziegen

Vielleicht ein anderes Mal. Jetzt geht es um den Babyelefanten! Thomas übt das Abmessen erst einmal bei den Ziegen. Langsam nähert er sich einem Pärchen. Das langhaarige anthrazitgraue Tier mit den geschwungenen Hörnern könnte ein Bock der Capra-Grigia-Rasse sein. Seine braun-weiße Nachbarin ist eine dort weit verbreitete Tauernschecke, weiß Thomas. Beide Tiere ignorieren seinen Messversuch, ebenso die niedlichen Zicklein.

Und die Pferde?  Die haben dafür gar keine Zeit. Voller Sommerlaune machen sie sich auf zum Wettrennen. Welch ein lebensfrohes Bild! Ein dünnes Fohlen stakst noch unsicher der Mutterstute hinterher. Doch auch ein größeres will Thomas nicht irritieren.

Vorsicht bei Mutterkühen

Kühe gibt es ebenfalls jede Menge. Sie wirken friedlich. Thomas drückt jedoch den Babyelefanten-Fans sogleich das  Merkblatt mit den „Zehn Verhaltensregeln für den Umgang mit Weidevieh“ in die Hand. Vor allem bei Mutterkühen mit Kälbern sei Vorsicht geboten, heißt es darin. Erst bei einem braunschwarzen Lämmchen, beruhigt vom Sohn des Almbesitzers, gelingt das Messen.

Vielleicht bringt die Wanderung durch den Trög, ein einsames Hochmoorgebiet mit kleinen Teichen, mehr Erfolg. Schließlich lieben Elefanten das Wasser.  An einem der bläulich schimmernden Miniseen lockt eine Bank zum Rasten. Weiße Wölkchen spiegeln sich in dem auch zum Baden geeigneten Wasser. 

Noch intensiver leuchtet der blaue Enzian, der rundherum üppig wächst. Thomas liegt schon mit der Kamera im Gras, um die Farbenpracht einzufangen. Nur der Babyelefant lässt sich nicht blicken! War ja auch nur ein Scherz, ihn im Großarltal zu suchen. Gäbe es ihn, würde er dort sicherlich mit Vergnügen  herumstapfen. 

Der Suchtrupp wandert dennoch amüsiert und glücklich zurück zur Ellmaualm, um sich auf der Sonnenterrasse zu stärken und das Auto abzuholen. Andere verkürzen den Weg aus dem Tal mit dem Wanderbus oder Taxibussen, um mehr Zeit in der Höhe zu haben – Großglocknerblick inklusive. 

Viele nutzen die Panoramabahn, um auf 1800 Meter Höhe zu gelangen. Die Wege dort sind sogar für Kinderwagen geeignet. Der kurze, steile Anstieg zum Gipfelkreuz ist jedoch nur etwas für Zweibeiner. Ebenso der Wanderpfad hinab zur Gehwolfalm.

Ursula Wiegand

22.07.2020 - Corona , Österreich , Tiere