"Gotland ist nicht Schweden.“ Diesen Satz hört man vor der Reise auf die mit fast 3000 Quadratkilometern zweitgrößte Ostseeinsel häufiger. Sicher, wer über die Straßen der Kalksteininsel fährt, wird die Warnschilder „Achtung Elche“ vermissen. Die „Könige der Wälder Skandinaviens mit ihren zwei Metern Höhe und bis zu 800 Kilogramm Gewicht“, erklärt Ulf aus Stockholm, den es fast jeden Sommer nach Gotland zieht, haben die gut 100 Kilometer vom Festland bisher schwimmend nicht überwunden.
Romanische Prachtbauten
Eine weitere Besonderheit Gotlands ist die große Dichte an romanischen Kirchenbauten, die die Herzen von Gläubigen und Kunstinteressierten höherschlagen lassen. In ihrem Inneren befinden sich monumentale Triumphkreuzgruppen, wuchtige Taufbecken mit Tierfiguren und Ornamenten oder bunte Wandmalereien, die vom Leben und Leiden Christi künden. In dieser Fülle und auf historisch so engem Raum dürfte es das woanders in Europa kaum geben.
Zwar ist auch auf Gotland hier und dort die Schwedische Flagge in Hellblau mit gelbem Kreuz zu sehen, aber mehr noch dominiert auf Türmen, in Gärten oder Dächern Gotlands Flagge: ein silberner Widder, der eine goldene Kreuzesstange mit rotem Banner trägt – eine Variante vom Agnus Dei, dem Lamm Gottes mit Siegesfahne.
Visby – eine wunderbare, mittelalterliche Stadt
Die historische Provinz Gotland und die vorgelagerten Inseln haben etwa 60 000 Einwohner. Im Hochsommer kommt eine Vielzahl von Touristen dazu – hauptsächlich Schweden. Im Unterschied zur Insel Öland, die seit 50 Jahren über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist, sieht man auf Gotland viel weniger Autos mit deutschen Nummernschildern. Wer dennoch mit dem eigenen Wagen anreist, der kommt mit der Fähre im Hafen von Visby, der Inselhauptstadt, an.
„Die Hauptstadt Visby ist beeindruckend schön, eine wunderbare mittelalterliche Stadt. Es gibt sicherlich nur wenige in dieser Art hier im Ostseeraum“, schwärmt Thomas Horn aus Dresden. Er ist zudem vom Umland mit den Steilküsten, Stränden und den einsamen Wäldern mit ihren verkrüppelten Kiefern beeindruckt.
Zwölf Kirchenruinen
Visby zählt seit 1995 zum Unesco-Weltkulturerbe und ist kultureller Mittelpunkt der Insel. Auch das Partyvolk liebt den Hafen, wenn dort im Sommer die Yachten der Schönen und Reichen aus Stockholm anlegen.
Nach der Umrundung der 3,4 Kilometer langen Altstadtmauer mit 27 Türmen und dem Besuch der zwölf Kirchenruinen oder des Marien-Doms sollte man unbedingt das Kulturhistorische Museum „Gotland Fornsal“ besuchen. Dort kann man der Geschichte Gotlands intensiv nachgehen – inklusive des schicksalhaften Jahres 1361, als die Dänen die Insel blutig einnahmen und dann für fast 300 Jahre beherrschten, ehe Gotland 1645 wieder zu Schweden kam. Besonders eindrucksvoll ist die Abteilung mit den wunderschönen Bildsteinen aus dem fünften bis elften Jahrhundert. Auch der mit 12 000 Münzen größte Silberschatz der Wikinger wird hier hinter Panzerglas ausgestellt.