Festliche Tafel für Bedürftige

Erster Welttag der Armen: Franziskus lädt zu Mittagessen

Ein ungewöhnliches Bild in der vatikanischen Audienzhalle: Zum ersten Welttag der Armen hat Papst Franziskus am Sonntag über 1500 Bedürftige zu einer Armenspeisung eingeladen. Der Pontifex aß gemeinsam mit ihnen.  
Normalerweise finden in der großen Halle „Paolo VI“ im Vatikan die Audienzen mit dem Papst statt, wenn er Großgruppen trifft oder bei Generalaudienzen. Nun kam es zu einer Premiere – einer der vielen in diesem Pontifikat: Franziskus lud rund 1500 Arme und Obdachlose, die in Rom leben, zum Mittagessen in die Audienzhalle ein.
Anlass war der erste Welttag der Armen, den der Papst im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hatte. Vor einem Jahr hatte er Obdachlose aus aller Welt nach Rom eingeladen und getroffen. Diesmal wollte er nicht einfach eine Rede halten und sie wieder verabschieden, sondern ein starkes Zeichen setzen. So setzte er sich mit an die Tafel.

Tischgebet und Tiramisu

Vor dem Essen sprach er für alle das Tischgebet: „Der Herr möge uns, dieses Mahl und diejenigen, die es vorbereitet haben, segnen. Er möge unsere Herzen segnen, unsere Familien, unsere Sehnsüchte, unsere Leben und uns Gesundheit und Stärke schenken.“ Anschließend standen Gnocchi, Kalb und Tiramisu auf der Speisekarte. Ähnliche Essen fanden in ganz Rom statt. Schon mehrfach hat Papst Franziskus Bedürftige zum Essen eingeladen, zuletzt in diesem Herbst bei einem Besuch im nord-
italienischen Bologna.
Am Morgen feierte Franziskus mit 4000 Bedürftigen eine Messe im Petersdom. Bei seiner Predigt schien es anfangs, als hätte ihm Martin Luther die Feder geführt: „Wir sind Bettler, das ist wahr“, sollen die letzten Worte des Reforma-
tors vor seinem Tod 1546 gelautet haben. „Wir sind alle Bettler“ sagte auch Franziskus an diesem Sonntag, „Bettler der Liebe Gottes.“

Ob wir Gutes getan haben

Gleichgütltigkeit sei „die große Sünde gegenüber den Armen“, kritisierte der Papst. „Sie besteht darin zu sagen: ‚Das betrifft mich nicht, das geht mich nichts an, da ist die Gesellschaft schuld.‘ Sie besteht darin, sich abzuwenden, wenn der Bruder in Not ist, sie besteht darin, das Fernsehprogramm zu wechseln, sobald ein ernstes Thema uns belästigt, oder auch darin, sich über das Schlechte zu entrüsten, ohne etwas dagegen zu tun. Gott aber wird uns einmal nicht fragen, ob wir zu Recht entrüstet waren, sondern danach, ob wir Gutes getan haben.“ Der Papst bekräftigte: „Suchen wir also nicht den Überfluss für uns, sondern das Wohl der anderen, und nichts Wertvolles wird uns fehlen.“
Ein Zeichen setzten auch Freiwillige und Ärzte aus verschiedenen Pfarreien Mittelitaliens. Sie hatten auf Wunsch des Papstes vor dem Petersplatz ein medizinisches Zentrum eingerichtet. Obdachlose und Arme hatten dort die Möglichkeit zu einem kostenlosen Gesundheits-Check.
Auch der Heilige Vater besuchte das Zentrum. Unangemeldet tauchte er am mobilen Gesundheitszentrum auf. Er begrüßte zunächst eine Gruppe von Patienten, die auf ihre Behandlung warteten, und unterhielt sich dann mit den Ärzten, die eine Woche lang unentgeltlich ihre Zeit und Expertise in den Dienst der Bedürftigen stellten.
„Wie gerne hätte ich eine arme Kirche, eine Kirche für die Armen!“ Das war eine der ersten spontanen Äußerungen dieses Papstes kurz nach seiner Wahl im März 2013. Mittlerweile hat Franziskus begonnen, der Kirche in dieser Hinsicht seinen Stempel aufzudrücken.

Mario Galgano/KNA
Hinweis
Die Papstpredigt zum Welttag der Armen finden Sie in voller Länge hier.   

24.11.2017 - Papst