Von den Anfängen sommerlicher Reiselust und dem ersten Ferienerleben in den Nachkriegsjahren hat man schon viel gehört. Dass die Zahl der Sommerurlauber in den 1950er Jahren deutlich gestiegen ist und 1954 bereits rund 800 000 Bundesbürger mit einem der westdeutschen Reiseunternehmen in die Sommerferien gefahren sind, ist eine Tatsache. Ein Jahr später sollen es schon eine Million Urlauber gewesen sein, die auf eigene Faust oder als Pauschalreisende unterwegs waren.
Aber wie stand es mit dem Winter-Tourismus? Schließlich muss man bedenken, dass die Urlaubszeit für die meisten knapp bemessen und die Anfahrtswege in die schneesicheren süddeutschen Regionen, geschweige denn nach Österreich, nach Südtirol oder in die Schweiz, viel zu weit und kostspielig waren. Überhaupt ist Wintersport teuer und aufwendig. Und dennoch erlebte auch der sportlich geprägte, winterliche Tourismus im Laufe der 1950er Jahre einen großen Zuwachs, ja, hatte sogar schon zuvor eine lange Tradition.
„Ski und Rodeln gut“
Hieß es am Urlaubsort oder im Wetterbericht „Ski und Rodeln gut“, dann stand der winterlichen Sportaktivität nichts im Wege. Erlebnisgastronomie, Wellness-Unterkünfte und Après-Ski-Vergnügungen – durch die Corona-Ansteckungen der jüngeren Vergangenheit in Verruf geraten – waren in den 1950er Jahren nicht gefragt. Vielmehr wollten die meist jungen Tagesgäste einfach auf andere Gedanken kommen und unkompliziert sowie kostengünstig Wintersport betreiben.
Wie schon bei den sommerlichen Ausflugstouren mit dem Zelt suchte man offenbar auch im Winter, die neu empfundene Lebensfreude und Ausgelassenheit auszuleben. Einfach mal raus – das ging damals auch mit wenig Geld. Nichts schien schöner zu sein als ein sonntäglicher Ausflug in den Schnee, etwa in die deutschen Mittelgebirge oder in die Alpen. Dementsprechend warben Reiseprospekte und Produktwerbungen in den 1950er Jahren mit der Vorstellung von idyllischer winterlicher Natur und erholsamer Stille mit entsprechendem Erholungswert.
Das entsprach schon damals nicht mehr der Realität: Auf den Pisten und Loipen herrschte reger Betrieb. Im Skigebiet rund um den Feldberg im Schwarzwald beispielsweise oder im bayerischen Garmisch-Partenkirchen erlebte man bereits in den ersten Nachkriegsjahren einen enormen Zuwachs. Vor allem das Skifahren entwickelte sich in den 1950er Jahren zu einem Massensport. Auch Langlauf und Schneewandern sowie das Rodeln waren populär.
So konnte man beispielsweise im Februar 1951 der Zeitung entnehmen, dass der südbadische Fremdenverkehrsort Todtnau, reizvoll zwischen dem Feldberg und dem Belchen gelegen, „in diesem Winter wieder einen großen Zuspruch erfahren“ habe: „Der Hausberg Todtnaus, das Hasenhorn, wird jeden Sonntag von Hunderten von Skiläufern bevölkert.“
Mit Wintersport und Erholung kannte man sich in der Gegend bestens aus, denn die Feldbergregion war bereits in den 1890er Jahren zum Zentrum der Wintersportkultur und des Skisports im deutschen Südwesten geworden. Die damit verbundenen Impulse hatten 1891 zur Gründung des ersten deutschen Skivereins, des SV Todtnau, geführt.
Sportliche Vielfalt
Nicht nur der Südschwarzwald war eine Tourismusregion mit langer Wintersportgeschichte. Auch die bayerischen Alpen boten sich dafür an: Ruhpolding am Fuße des wuchtigen Rauschenbergs war schon lange als winterlicher Urlaubsort bekannt und entwickelte sich im Verlauf der 1950er Jahre zu einem der meistbesuchten Winterferienorte in Oberbayern – zumal es ja eine breite Palette an sportlichen Betätigungen im Winter gab.
Spezielle Langlaufskier kannte man noch nicht. Normal war, die Bretter multifunktional für Abfahrten, Langlauf und Schneewanderungen zu nutzen. Wer mit den Brettern nichts anfangen konnte, der fand in der alpinen Form des Curlings, das Eisstockschießen auf zugefrorenen Weihern, eine willkommene Abwechslung. Bereits 1951 fanden in Garmisch-Partenkirchen dazu die ersten Europameisterschaften statt.