Papst bei Weltjugendtag:

Ihr seid das Jetzt Gottes

Die Bauarbeiter, die im vierten Stock im noch offenen Zimmer eines Hochhauses stehen, halten in ihrer Arbeit inne, lachen und winken. Unten auf der Straße marschiert eine Gruppe ausländischer Pilger vorbei. Auch die Taxifahrer winken und hupen. So zeigte sich Panama-Stadt den jungen Menschen aus 156 Ländern, die zum Weltjugendtag zu Gast waren. Überall war das Logo, ein Herz mit einer stilisierten Muttergottes, zu sehen. Das Straßenbild von Panama-Stadt prägten junge Leute, die in den Straßen tanzten, klatschten, ihre Fahnen schwenkten. 

110 000 Dauerteilnehmer waren angereist, um eine Woche lang Gemeinschaft im Glauben und Papst Franziskus zu erleben. Höhepunkt war wie bei jedem Weltjugendtag die Vigil und die Sonntagsmesse. Am Samstag machten sich die Pilger aus Panama-Stadt auf den Weg zum Campo San Juan Pablo II. im Metro Park südöstlich der Stadt. Dort entstand ein internationales Camp. Die jungen Menschen rollten Isomatten aus, bauten Zelte auf und ließen die Landesfahnen an ihren Lagern wehen.

Ob des kurzen Weges waren viele Pilger aus Kolumbien, Guatemala, Nicaragua und Costa Rica sowie Mexiko angereist. Aus Europa waren die Polen stark vertreten. Nach ihnen kamen die Deutschen mit 2300 Teilnehmern.

Eine große Gruppe aus Deutschland, 160 junge Menschen, machte sich mit der Jugend 2000 und den Bistümern Augsburg und Eichstätt auf den Weg, bestens organisiert von Biblische Reisen. Für viele von ihnen war der Weltjugendtag vor allem ein spirituelles Erlebnis und die Vigil mit dem anschließenden Rosenkranz ein besonderer Moment. Monika Krause aus Augsburg beschreibt diesen so: „Es kehrt Stille ein, alle schweigen und beten. Man hat richtig gespürt, dass alle im Gebet vereint sind.“

Im Gebet zur Ruhe finden 

Weihbischof Florian Wörner aus Augsburg erklärte später in einer Predigt: Das war „ein ganz starker Moment. Der Nachfolger des heiligen Petrus mit der Jugend der Welt – stellvertretend für die ganze Welt – betend auf diesem Platz“. In der Dämmerung wurde das Allerheiligste ausgesetzt und die Jugendlichen sanken auf ihren Isomatten auf die Knie. Der Rosenkranz später am Abend war nach der stressigen, heißen Anreise eine gute Möglichkeit, „nochmals ruhig ins Gebet zu gehen“, beschrieben die jungen Pilger.

Der versammelten Menge – bei der Vigil nach Veranstalterangaben 600 000, am Sonntagmorgen 700 000 Menschen – legte Papst Franziskus ans Herz, nicht auf ein vages Morgen zu warten. „Ihr seid nicht die Zukunft – ihr seid das Jetzt Gottes!“ Die Jugendlichen sollten sich nicht von Plänen ruhig stellen lassen, die Erwachsene für sie gemacht hätten. Denn dann begännen in der „Zwischenzeit“, ihre Träume zu verblassen. 

Eine Frucht der Jugendsynode sei „der Reichtum generationenübergreifenden Zuhörens“ gewesen. „Nun müssen wir uns bemühen, Räume zu fördern, in denen wir uns beim Träumen und Aufbauen des Morgen schon heute einbringen können. Ein Raum, für den auch ihr kämpfen müsst.“ Zusammen mit den Großeltern und Erwachsenen sollten die Jugendlichen „den Traum verwirklichen, mit dem der Herr euch geträumt hat“. 

In Bezug auf das Motto des Weltjugendtags, das „Ja“ Mariens in den Worten „Mir geschehe, wie du gesagt hast“, erklärte Franziskus: „Maria hat den Mut gehabt, am Jetzt des Herrn teilzunehmen.“ Ob die Jugendlichen dies auch wollten? Denn: „Euer Ja möge das Eingangstor sein, auf dass der Heilige Geist der Welt und der Kirche ein neues Pfingsten schenke.“

Manuel Hoppermann aus Hamburg hatte einen besonderen Auftrag: Er sollte die Segenswünsche seiner Gastgeber in der Diözese Penonomé, wo er fünf Tage vor dem Jugendtreffen in Panama-Stadt gewohnt hatte, überbringen. Dort habe es sich nicht jeder leisten können, nach Panama-Stadt zu kommen. 

Manche der Pilger wohnten bei Familien, wo es nicht einmal fließendes Wasser gab. Hoppermann erzählt: „Die Begegnung mit der Gastfamilie war unglaublich herzlich.“ Wie er waren alle in der Gruppe von der großen Gastfreundschaft in Panama beeindruckt, die in Penonomé erstmals erlebbar war und sich in der Großstadt fortsetzte.

In den Tagen in den Diözesen bekamen die Jugendlichen einen Einblick in die Kultur des Gastlandes.  In Panama-Stadt begegneten sie dann jungen Christen aus aller Welt. „Foto? Foto?“, sprach da etwa eine Gruppe aus Guatemala junge Pilger mit Deutschlandflagge an. Schnell formierte sich da ein Gruppenbild, bei dem die Landesflaggen gut sichtbar in die Handy-Kamera gehalten wurden. „Where are you from? – Wo kommst du her?“, riefen sich die Gruppen, die durch die Straßen zogen, gegenseitig zu, während andere nebenan klatschten und Lieder sangen. So erleben die jungen Christen hautnah: Sie teilen ihren Glauben mit Vielen ihrer Generation in allen Ländern der Erde.

Gebet für Venezuela

Während die Pilger beim Weltjugendtagsprogramm in der Stadt unterwegs waren, verfolgten viele Gastgeber in den Nachrichten die Lage in Venezuela. Bei seinem Besuchsprogramm griff Franziskus das Thema zunächst nicht auf. Beim Angelus am Sonntag sagte er, die Lage in dem sozialistisch regierten Land sei „gravierend“. Er sei dem venezolanischen Volk in diesen Stunden besonders nahe und bete für eine „gerechte, friedliche Lösung“. 

Die Probleme der Länder des Kontinents kamen beim Kreuzweg zur Sprache. Die 14 Stationen wurden mit Gebeten und Meditationen von Gruppen aus Nord-, Zentral- und Südamerika gestaltet. Unter anderem sprachen junge Venezolaner über die Leiden von Flüchtlingen und Migranten. Kolumbianer berichteten von der Gewalt in ihrem Land. Besonders drastisch war die Wortwahl bei der 14. Station, in der gemahnt wurde, den Mutterleib durch Abtreibung nicht „zu einem Grab“ zu machen. 

Die Themen Lebensbejahung und Zukunft wurden dann bei der Vigil wieder aufgegriffen. Der Pontifex erklärte, ohne Familie, Arbeit, Gemeinschaft und Erziehung sei das Leben leer. Da müssten sich auch „wir älteren Leute“ fragen: „Was tun wir, um junge Menschen voranzubringen?“ Er stellte den heiligen Johannes Bosco als Beispiel vor und forderte: „Wir müsssen sie richtig anschauen – mit dem Blick Gottes.“

In der Dämmerung strahlte auf dem Campo San Juan Pablo II. auch eine besonders: die Statue der Muttergottes von Fátima. Sie wurde in einer Prozession über das Feld gefahren. Mit ihrer Anwesenheit verwies sie bereits auf den Veranstaltungsort des nächsten Weltjugendtags 2022: Lissabon, das ebenso wie Fátima in Portugal liegt. 

Panama pulsierte

Am Ende der Sonntagsmesse sandte Papst Franziskus die Pilger zurück in ihre Länder und dankte ihnen: „Euer Glaube und eure Freude haben Panama, Amerika und die ganze Welt zum Pulsieren gebracht.“ Diese Freude und ihre Erfahrungen sollten sie in ihren Pfarreien, Gemeinschaften und Familien weitergeben. 

Auf dem Rückweg vom Campo in die Innenstadt, einem Fußmarsch zur Metro unter sengender Sonne, sorgten Anwohner mit Gartenschläuchen für Abkühlung. „Vielen Dank, dass ihr da wart!“, rief eine Einheimische den Pilgern auf dem Weg zum Flughafen zu. Auch zum Abschied zeigte das Land sein freundlichstes Gesicht. So mancher Pilger sagte sich da: „Oh wie schön ist Panama!“

Nathalie Zapf

29.01.2019 - Großveranstaltung , Jugend , Papst