Versorgungslücken gehörten lange der Vergangenheit an. Durch die Corona-Krise könnten Lebensmittel hierzulande wieder knapp werden. Um gegenzusteuern, setzen viele auf eingekochtes Obst oder Gemüse. Vom „Einmachen“ oder „Einwecken“ sprachen schon die Großmütter. Sie meinten damit die Hitzesterilisierung als Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. Diese stellte ab 1900 eine geradezu revolutionäre Entwicklung für die häusliche Wirtschaft dar.
Von nun an ließ sich vieles bevorraten, was selbst erzeugt wurde und bis dato schlecht haltbar gemacht werden konnte. Das Ergebnis konnte die Hausfrau nach getaner Arbeit in gefüllten Vorratsregalen der dunklen, kühlen Keller ablesen: durchsichtige, dickwandige Gläser, gefüllt mit Apfelmus, eingelegten Mirabellen oder Sauerkirschen, Marmelade in verschiedensten Geschmacksrichtungen, sauer eingelegten Bohnen, in Essig-Zucker-Marinade eingelegtem Kürbis oder Roten Beeten.
Einweckgut gab Sicherheit
Oben war der in allen Farben glänzende Inhalt mit einem roten Dichtgummi und einem Glasdeckel mit Klammer luftdicht abgeschlossen und sorgfältig mit Jahresangabe beschriftet. Eine solche weitsichtige Vorratshaltung mit Hilfe von Einweckgut gab Sicherheit – denn nur so ließen sich winterbedingte Versorgungslücken und zeitweilig überteuerte Angebote umgehen.
Fast jeder kennt Weckgläser sowie das im Sprachgebrauch gängige Verb „einwecken“, das untrennbar mit dem Familiennamen Weck zusammenhängt. Als Synonym zu „einkochen“ wurde der Begriff bereits 1934 in den Duden aufgenommen. Dass ein Familien- beziehungsweise Firmenname zum feststehenden Ausdruck in der deutschen Sprache wird, ist ungewöhnlich. Dem im Taunus geborenen Johann Weck (1841 bis 1914) ist es gelungen.
Er machte die dahinterstehende Konservierungsmethode berühmt, mit der die Haushaltsführung seinerzeit nachhaltig verändert werden konnte. Erfunden hat Weck das Einkochverfahren allerdings nicht. Vielmehr war es der Gelsenkirchener Chemiker Rudolf Rempel, der im Jahr 1892 seinen Sterilisier- und Einkochapparat patentieren ließ. Das geschützte Verfahren des „Einweckens“ müsste demzufolge eigentlich „Einrempeln“ heißen – aber es kam anders.
1895 kaufte Johann Weck das Patent für diese Form der Hitzekonservierung auf und gründete im Januar 1900 zusammen mit seinem kaufmännisch versierten Firmenpartner Georg van Eyck im südbadischen Örtchen Öflingen nahe der deutsch-schweizerischen Grenze das Unternehmen „J. Weck u. Co.“. Vor allem van Eyck bewies von Anfang an Marketinggeschick, um das Unternehmen und die neue Haushaltstechnik bekannt zu machen.
Als Markenzeichen führte man die stilisierte Erdbeere mit dem eingeschriebenen Wort „Weck“ ein. Angestellte Hauswirtschaftsmeisterinnen über 30 schwärmten vom badischen Öflingen ins gesamte Reichsgebiet aus, um in Gemeindesälen von Pfarreien oder gar in Turnhallen gemeinschaftliche Schulungen rund um die neue Vorratshaltung anzubieten. Parallel dazu ließ man Werbeanzeigen schalten. Eine im Abonnement zu erhaltende Monatsschrift „Die Frischhaltung“ warb mit Tipps und Rezepten.
Lebensmittel einzukaufen, war den bäuerlichen Selbstversorgern auf dem Land fremd. Wer nicht rechtzeitig – von Juni bis Dezember – für einen gefüllten Keller sorgte, dem ging es im wahrsten Sinne des Wortes „ans Eingemachte“: Man konnte geradezu in existenzielle Not geraten.
Handgemachte Gläser
Die Anschaffung der Weckgläser und des benötigten Zubehörs war zunächst keine ganz billige Angelegenheit. Bis etwa 1921 handelte es sich bei den damals noch handgeblasenen Weckgläsern um hochpreisige Premiumprodukte, die vor allem in großen bäuerlichen Gütern Verwendung fanden. In landwirtschaftlichen Großbetrieben in Ostpreußen konnten schon mal bis zu 30 000 Weckgläser mit Einmachgut als Grundversorgung für die Angestellten herhalten.
Ein einzelnes Weckglas kostete mehr als eine Reichsmark. Das entspricht einem Kaufäquivalent von rund vier Euro und war merklich mehr als der durchschnittliche Stundenlohn eines Arbeiters Mitte der 1920er Jahre. Ein Kilogramm Roggenbrot bekam man damals für 38 Pfennig, ein Liter Vollmilch kostete 35 Pfennig, ein Kilo Kartoffeln acht Pfennig.