RIO DE JANEIRO – In Brasilien ist eine Fernsehserie über das Leben Jesu auf Sendung gegangen. Produzent der Telenovela: Record TV, der Sender des evangelikalen Predigers und Milliardärs Edir Macedo. Record TV hofft, mit der neuen Serie endlich auf erfolgreiche Quoten-Jagd gehen zu können. Seine vorige Bibel-Telenovela „Apocalipse“ endete im November in einem Desaster.
Telenovelas sind Fernsehserien, die täglich als Fortsetzungsgeschichte ausgestrahlt werden: Geschichten um Gut und Böse, voll von Dramen, Intrigen und komplexen Verstrickungen, Liebe und Hass, Freud und Leid. Sie sind in der Regel spannend und sollen ein Millionenpublikum in ihren Bann ziehen. In Brasilien sind sie äußerst beliebt: Brasilianer lieben die Traumwelt des Fernsehens.
Seit diesem Jahr sind die brasilianischen Telenovelas landesweit digital zu empfangen. Auch außerhalb des bevölkerungsreichsten katholischen Landes der Welt sind sie ein Erfolg: TV Globo, der größte Sender mit täglich 90 Millionen Zuschauern, kann seine Serien in mehr als 100 Länder verkaufen. Dank der Einnahmen kann er entsprechend aufwändig produzieren. Kleinere Mitbewerber, die eigene Telenovelas ins Rennen um die Gunst des Publikums schicken, sind SBT, Bandeirantes und eben Record TV.
Edir Macedos Sender konnte mit Serien über biblische Themen Erfolge verbuchen: mit den Telenovelas „Der Reiche und Lazarus“, „Das Gelobte Land“ und vor allem mit „Die Zehn Gebote“. Alttestamentliche Geschichten bieten genau jene Inhalte, welche auf der Mattscheibe faszinieren: ergreifende Schicksale, Gottvertrauen, Liebe und Leidenschaft, Verrat und Nächstenliebe.
Für einen Aufschrei sorgte im November die Telenovela „Apocalipse“ auf Record TV. Darin wurde eine von der Autorin Vívian de Oliveira erdachte Szene gezeigt, in der der Antichrist eine Rede hält. Nicht nur die Gewandung dieses falschen Propheten erinnerte an den Papst, auch das Umfeld, in dem er sprach, war optisch dem Petersdom in Rom beim päpstlichen Segen nachgebildet. Nach heftigen Protesten der brasilianischen Katholiken musste die Ausstrahlung abgebrochen werden.
Wie konnte es zu einem solchen Ausfall gegen Katholiken kommen? Record TV gehört Edir Macedo, Vorsteher der evangelikalen Sektenkirche „Igreja Universal do Reino de Deus“ (Universalkirche vom Reich Gottes). Seit gut 40 Jahren steht der selbsternannte Bischof mit der katholischen Kirche auf Kriegsfuß. Damals gründete er seine eigene Kirche und tat sich als ekstatischer Prediger hervor. Vermeintliche Teufelsaustreibungen und Wunderheilungen setzte er gekonnt in Szene.
In einem Land, das solche Showeinlagen liebt, war Macedo der Erfolg sicher. Schon bald konnte er mit seinen Auftritten ganze Fußballstadien füllen. Er vermochte es, seinen Anhängern derart emotional einzupeitschen, dass es mitunter zu Massenhysterien kam. 1989 kaufte er den Fernsehsender Rede Record. In seinen Sendungen lässt er Gläubige auftreten, die behaupten, dank Gottesdiensten in Macedos „Universalkirche“ von Aids, Krebs oder Lähmung genesen zu sein.
Fragwürdige Methoden
Inzwischen lebt Macedo mit seiner Familie außer Landes: in New York in den USA. Sein Vermögen wird auf über einer Milliarde US-Dollar geschätzt. Ein großer Teil davon stammt von Spenden: Die „Universalkirche“ verlangt von ihren Gläubigen zehn Prozent des Einkommens. In 5000 Zentren der Sekte werden Millionen Anhänger mit fragwürdigen Methoden indoktriniert.
Mittlerweile hat Macedo eine eigene Partei gegründet, die im brasilianischen Parlament, dem Nationalkongress, mehrere Abgeordnete stellt: Die „Partido Republicano Brasileiro“ gibt sich christdemokratisch und sozialkonservativ. Ihre und Macedos Anhänger bekleiden politische Ämter bis hinauf in die Führung des Landes. Es ist nicht auszuschließen, dass sie bei den im Oktober anstehenden Präsidentenwahlen das sprichwörtliche Zünglein an der Waage bilden.