Vor fünf Jahren lief das Nato-Kampfmandat in Afghanistan aus. Seither sind noch rund 1000 deutsche Soldaten am Hindukusch stationiert. Sie bilden im Rahmen von „Resolute Support“ einheimische Sicherheitskräfte aus. Den Advent erleben die Deutschen fern der Heimat.
Ein Sonntag im Advent im Norden Afghanistans. Es ist kalt. Frost am frühen Morgen. Diesiges Grau verhüllt die Hügelkette des Marmal-Gebirges. Das deutsche Feldlager an seinen Ausläufern trägt seinen Namen: Camp Marmal. Hier sind rund 1000 deutsche Soldaten stationiert, zehn Prozent davon Frauen. Mit Streitkräften weiterer 22 Nato-Mitgliedsstaaten versehen sie hier ihren Dienst – 2000 Männer und Frauen auf einer Fläche so groß wie 500 Fußballfelder.
„Resolute Support“ (entschlossene Unterstützung) nennt sich die 2015 begonnene Ausbildungsmission der Nato, zu der die Deutschen gehören. Afghanische Sicherheitskräfte sollen fit gemacht werden, um ihr Land selbst zu schützen. Gegen die Taliban, gegen radikale Islamisten anderer Couleur, gegen fanatische Splittergruppen und immer öfter auch gegen den „Islamischen Staat“, der in Syrien als besiegt gilt und zunehmend am Hindukusch Fuß zu fassen versucht.
Im Vergleich zur Isaf-Mission, die Ende 2014 auslief, gibt es heute keine Nato-Kampfhubschrauber mehr, die in die Berge zu unbekannten Zielen aufbrechen. Auch Patrouillenfahrten ins Feindesland gehören der Vergangenheit an. Das Mandat hat sich verändert. Kampfhandlungen sind jetzt Sache der afghanischen Streitkräfte – nach entsprechender Schulung und unter Anleitung. Das Wissen gibt es unter anderem von den Deutschen.
Vertrauen ist Mangelware
Immer wieder kommt es zu sogenannten Zwischenfällen: Anschläge, Schusswechsel, Explosionen, Beschuss mit Granaten und Mörsern – auch während des Besuchs. Meistens trifft es lokale Sicherheitskräfte und Zivilisten. Mehrere Dutzend Menschen sterben jede Woche. Nach wie vor. Draußen, jenseits der hohen Mauern, hinter den Stacheldrahtabgrenzungen des Lagers lauert der Tod. Daran hat sich nichts geändert. Aber auch innerhalb der Kasernen kann es zu Anschlägen kommen. Bei den Afghanen sind diese sogenannten Innen-Täter besonders gefürchtet. Schutz dagegen ist fast unmöglich. Vertrauen? Mangelware.
Knapp 4500 Kilometer trennen Hauptmann Christian H. von seiner Oma am Chiemsee – gerade in der Adventszeit kann diese Entfernung schmerzlich sein. Sein Nachname darf aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden. H. singt im Kirchenchor und liest beim Feldgottesdienst die Fürbitten. Das bedeutet dem 34-Jährigen viel. Der Gottesdienst im Haus Benedikt, das an der breiten Hauptstraße des Camps liegt, ist gut besucht. Kaum ein Platz bleibt unbesetzt.
Unter den Uniformierten sind auch einige Zivilisten. Der deutsche Konsul zum Beispiel. Er kommt regelmäßig. Auch Mitarbeiter der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), der Entwicklungshilfeorganisation des Bundes, mischen sich unter die Soldaten. Für sie ist das Kirchlein nur einen Katzensprung entfernt: Sowohl das deutsche Konsulat wie auch das Büro der GIZ liegen innerhalb des Camps. Aus Sicherheitsgründen wurden beide aus der nahen Stadt Masar-e Scharif ins Feldlager verlegt.