SANTIAGO – Pilgern ist so beliebt wie lange nicht. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider, die jetzt das Pilgerbüro in Santiago de Compostela veröffentlicht hat: Noch nie sind so viele Menschen über den Jakobsweg in die Pilgermetropole im Nordwesten Spaniens gekommen wie 2017: Mehr als 300 000 waren es – und das bei klar steigender Tendenz.
Steil steigt der Weg durch den Wald. Es riecht nach Eukalyptus. Der Atem geht schwer, der Rucksack drückt auf die Schultern. Sonnenstrahlen kämpfen sich durch die Blätterdächer und zaubern kunstvolle Muster auf Baumstämme, Wurzeln, Farne. Nach Ende des Anstiegs entspannt sich die Lage. Der Weg zieht sich zwischen Wiesen und Rinderweiden dahin. Nicht mehr lange, dann ist es für heute geschafft, die nächste Pilgerherberge erreicht.
Sehnsüchtig erwartet
Dieses authentische Pilgergefühl, das sich, wie hier in Galicien zwischen Melide und Boente, einstellt, wollen immer Menschen erleben. In Boente, wo Ankömmlinge in der Dorfkirche zu einer farbigen Jakobusskulptur im Hochaltar aufblicken, fehlt nicht mehr viel bis zum sehnsüchtig erwarteten Ziel Santiago de Compostela. Zwei stramme Tagesetappen, dann ist die Stadt des heiligen Apostels Jakobus erreicht.
Dort hat das Pilgerbüro nun einen neuen Rekord der Ankömmlinge vermeldet. Erstmals wurde 2017 die „Schallmauer“ von 300 000 durchbrochen. Niemals haben nachweislich mehr Pilgerinnen und Pilger die Compostela-Urkunde erhalten, die es für jene gibt, die per Stempelfolge im Pilgerpass nachweisen können, mindestens die letzten 100 Kilometer nach Santiago de Compostela zu Fuß oder die letzten 200 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt zu haben.
301 036 – diese Zahl für das Jahr 2017 ist in Dimensionen vorgestoßen, die einst unvorstellbar schienen. Ende der 1980er Jahre, als die Renaissance des mittelalterlichen Abenteuers Jakobsweg in den Anfängen stand, trafen lediglich einige Tausend Pilger in Santiago de Compostela ein und erhielten ihr Pilgerdiplom. Erst dann geriet die Welle langsam, aber unaufhaltsam ins Rollen, angespornt durch den Willen zur persönlichen Auszeit, den Glauben, sportlichen Ehrgeiz, Neugier, Berichte, Filme, Bücher, Mund-zu-Mund-Propaganda.