Von Nazis verfolgt, von Bischöfen verehrt

Religiöse Kunst aus einer Hand

Er gestaltete Heiligenplaketten, Emaille-Tafeln, Bronzeplastiken, Skulpturen und Reliefs. Auch Kerzenständer, Schmuck, Altäre, Taufbecken, Tabernakel, Kirchenportale und vieles mehr in vielen Ländern der Erde gehen auf ihn zurück. Vor 100 Jahren, am 3. März 1920, wurde der Goldschmiedemeister, Bildhauer und Maler Egino Weinert in Berlin geboren.

Als Franz Stanislaus Günter Przybilski kam er zur Welt. Seine Vorfahren stammten aus Schlesien. Durch seinen Vater hatte der junge Mann Kontakt zu wichtigen Künstlern seiner Zeit. Er kannte Emil Nolde, Max Pechmann, Georg Grosz, Max Liebermann und Otto Dix. Nolde riet ihm von religiöser Kunst ab: „Junge, lass die Finger von diesen frommen Sachen, male lieber die Hühner in eurem Hühnerstall.“ 

Dass er sich entgegen diesem Rat der religiösen Kunst widmete, liegt an Therese Neumann. Die „Resl von Konnersreuth“ beeinflusste das Leben des Malers maßgeblich. Über einen Bischof aus Afrika, der sie besuchte, ließ Resl dem Künstler ausrichten: „Male so, wie du glaubst.“ Das wirkte auf den Verunsicherten erlösend. Begegnet sind sich die beiden nie.

Eine Berliner Schnauze

Den Namen Egino erhielt Przybilski mit 14 Jahren, beim Eintritt ins Kloster: Er wurde Bruderzögling bei den Benediktinern im unterfränkischen Münsterschwarzach, behielt darüber aber seine Berliner Schnauze. 1938 wurde er Novize. Den Nachnamen der Familie ließ sein Vater in den 1930er Jahren in Weinert ändern. Im Kloster kamen Eginos künstlerische Fähigkeiten zur Entfaltung. 

Gleichzeitig litt er unter Bedrohungen und Schlägen. Er verweigerte den Hitlergruß. Dafür sowie für andere Zeichen der Unbeugsamkeit und Gottestreue kam er ins Gefängnis. Als Soldat wandelte er einen von ihm geforderten Vortrag über Hass-parolen von Propagandaminister Joseph Goebbels um und forderte mit den Worten des heiligen Augustinus: „Wir können nicht genug lieben.“ Wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt, entkam er der Vollstreckung denkbar knapp.

Weitere Schläge folgten nach der deutschen Kapitulation. Als Weinert nach Kriegsende auf Bitten der Mutter in deren Berliner Wohnung eine von Russen erbetene Sicherung zur Instandsetzung der Stromzufuhr einsetzte, verlor er die rechte Hand.

Die Sicherung war eine getarnte Sprengfalle. Der blutige Vorfall zwang den Künstler dazu, den Großteil seiner Arbeiten fortan mit nur einer Hand anzufertigen.

Sein Abt schickte ihn an die christliche Werkschule in Köln. Das Kloster aber wurde nicht zu seiner Heimat: Zwei Wochen vor der endgültigen Bindung an die Gemeinschaft wurde er entlassen. Missgunst und wohl auch ein anderes Kunstverständnis spielten eine Rolle.

Die folgenden Jahre entwickelten sich abenteuerlich und erfolgreich zugleich: Weinert bettelte in Bonn und Köln, schlief in Kellereingängen. Die Kunst verließ ihn nicht, er malte und schuf. Zentrum seines Schaffens wurde ein Kohlenkeller in Bonn. „Farben und Formen hielten ihn lebendig“, schreibt der Publizist Martin Lohmann über diese Zeit. 

Weinert betete täglich

Aufträge führten Weinert in die Schweiz. Das benediktinische „Ora et labora“ wirkte weiter. Täglich betete Weinert, der Kunst und Glaube vereinte, den Rosenkranz. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer weist wiederholt auf den starken Glauben Weinerts hin, auch auf sein schwer zu überbietendes Zeugnis.

Mit einer eigenen Werkstatt ließ sich Weinert in Köln nieder, wo er bis zu seinem Tod wohnte. 1963 wurde eine zweite Werkstatt im spanischen Dénia eröffnet, später ein Ausstellungshaus in Frechen-Königsdorf. Schnell wurde er überregio-nal bekannt. Er wirkte für die Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. Am 4. September 2012 starb Weinert im Alter von 92 Jahren.

100 Jahre nach der Geburt des gläubigen Künstlers ist an die Aussagen des afrikanischen Bischofs zu erinnern, den die „Resl von Konnersreuth“ beauftragte. Der Bischof berichtete, die Resl habe ein Gespräch erwähnt, das der Heiland mit dem Teufel über Weinert geführt haben soll. Der Teufel habe Eginos Leben gewollt. Der Heiland sagte: „Nix da, er muss noch viel für mich arbeiten.“ Da forderte der Teufel die rechte Hand des Künstlers. Darauf erklärte Jesus: „Ich werde dir zeigen, wie viel er für mich auch mit nur einer Hand arbeitet, besonders über mein Kreuz.“

Veit Neumann

Hinweis

Die Egino-Weinert-Stiftung bietet Informationen zum Leben und Schaffen des Künstlers. Näheres finden Sie im Internet: www.eginoweinert-stiftung.de 

28.02.2020 - Deutschland , Kunst , NS-Zeit