Orthodoxes Osterfest

Keine Waffenpause in der Ukraine

Im Schatten des russischen Kriegs in der Ukraine haben die mehreren hundert Millionen orthodoxen Christen weltweit am Sonntag das Osterfest begangen. Der Moskauer Patriarch Kyrill I. gratulierte den Gläubigen kurz nach Mitternacht in der Erlöser-Kathedrale in Moskau. An der landesweit übertragenen Zeremonie nahm Russlands Präsident Wladimir Putin teil. Er hielt eine rote Kerze in der Hand und bekreuzigte sich mehrmals.

In seinen zuvor veröffentlichten Osterglückwünschen schrieb Putin an Kyrill I., der Feiertag vereine die orthodoxen Christen Russlands und wecke "in den Menschen die hellsten Gefühle, den Glauben an den Sieg des Lebens, des Guten und der Gerechtigkeit". Es sei erfreulich, dass die orthodoxe Kirche "eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Staat entwickelt und einen großen Beitrag zur Förderung traditioneller (...) Werte in der Gesellschaft" geleistet habe.

Papst Franziskus wie auch das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, verlangten ein Ende des Kriegs in der Ukraine. Es sei traurig, dass die Waffen in diesem "barbarischen Krieg" die österliche Freude zerstörten, sagte Franziskus am Sonntag.

Bartholomaios I. sagte in der nächtlichen Osterliturgie in Istanbul, dieser "Bruderkrieg" untergrabe die Menschenwürde und verletze das Gebot der Nächstenliebe. Der Patriarch verlangte die Öffnung von Fluchtkorridoren für die Zivilisten in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol, wo sich "unbeschreibliche menschliche Tragödien" abspielten. Bartholomaios I. wörtlich: "Wir wissen mit Sicherheit, dass die Kräfte des Bösen, der Gewalt und der Ungerechtigkeit, die die Menschheit weiterhin plagen, am Ende nicht siegen werden."

Am Ende des Gottesdienstes in Moskau übergaben sich Kyrill I. und Putin Geschenke. Der Patriarch erhielt vom Kreml-Chef ein verziertes Osterei. Es war die erste öffentliche Begegnung der beiden seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar.

Kyrill I. sprach den Krieg nicht an. Das erste, was jeder Christ aus dem Osterfest ziehen sollte, sei "die absolute Gewissheit des endgültigen Sieges der Wahrheit". Alle Christen stünden auf der Seite des Sieges, egal wie schwierig ihr Alltag sei. Im März hatte der Patriarch den russischen Angriffskrieg als "metaphysischen Kampf" des Guten gegen das Böse aus dem Westen gerechtfertigt.

In fast der gesamten Ukraine konnten wegen der nächtlichen Ausgangssperre erst am Morgen Ostergottesdienste gefeiert werden. Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj bat in einer Videobotschaft "Gott um große Gnade, damit unser großer Traum wahr wird; ... der Tag, an dem großer Frieden in die Ukraine kommen wird." An anderer Stelle sagte er: "Großer und einziger Gott, rette unsere Ukraine!" Das Video wurde in der Kiewer Sophienkathedrale aufgezeichnet, der bedeutendsten Kirche der Stadt. Erneut bat Selenskyj um einen Besuch von Papst Franziskus in der Ukraine.

Der orthodoxe Kiewer Metropolit Epiphanius verurteilte auf Twitter, dass dem russischen Militär auch zu Ostern nichts heilig sei. In Odessa seien am Samstag mehrere Zivilisten getötet worden. Seine Osterwünsche verband er mit den Worten: "Mögen Ihre Herzen mit festem Vertrauen auf den Sieg des Guten und Wahren, auf den Sieg der Ukraine erfüllt sein."

Der russische Krieg in der Ukraine überschattete auch die orthodoxen Osterfeiern in Jerusalem. Zwar konnten erstmals seit zwei Jahren wieder ausländische Pilger zum Fest einreisen. Doch die israelische Polizei verhängte für das Christenviertel in der Jerusalemer Altstadt strenge Zugangsbeschränkungen.

Statt rund 10.000 Teilnehmern in Vor-Corona-Zeiten wurden 4.000 zu den zentralen Feiern in der Grabeskirche eingelassen. Zudem kamen bedeutend weniger Besucher aus der Ukraine und aus Russland als sonst.

Höhepunkt des Osterfests war am Samstagmittag die uralte Liturgie des "Heiligen Feuers". Der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III. zog in langer Prozession zur Kapelle über dem Grab Christi. Nach einem Gebet in der Grabkammer trat er mit zwei brennenden Kerzenbündeln heraus und segnete die Menge. Nach orthodoxem Volksglauben entzündet sich zum Osterfest die Flamme auf wundersame Weise über der Grabplatte.

In der vergangenen Woche hatten die Jerusalemer Christenführer einen Rechtsstreit mit Israels Behörden über die strikten Zugangsbeschränkungen geführt, konnten sich aber nicht durchsetzen. Mit der gerichtlichen Anhebung der Obergrenze von 1.700 auf 4.000 zeigten sie sich nicht zufrieden. Viele Gläubige kamen an den Kontrollposten nicht weiter. Die Abgewiesenen machten ihrem Unmut teils deutlich Luft und es kam zu Handgreiflichkeiten.

KNA

25.04.2022 - Ostern , Russland , Ukraine