Medienbericht:

Eine Million Familien haben nichts vom Kindergeld

Mehr als eine Million einkommensschwache Familien haben praktisch nichts vom Kindergeld, weil diese Leistung nach geltender Rechtslage in voller Höhe den Anspruch auf Grundsicherung sowie Sozialgeld mindert. Allein im vergangenen Jahr wurden 1,06 Millionen Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften dadurch insgesamt 4,7 Milliarden Euro weniger ausgezahlt, berichtet die "Saarbrücker Zeitung".

Seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 2007 habe sich dieser Betrag auf knapp 59 Milliarden Euro summiert, erklärte das Bundessozialministerium zu einer aktuellen Anfrage der Linken im Bundestag. 2019 wurden demnach bei jeder betroffenen Bedarfsgemeinschaft durchschnittlich 368 Euro Kindergeld mit Hartz IV und dem Sozialgeld verrechnet.

"Ausgerechnet die allerärmsten Familien gehen beim Kindergeld leer aus, obwohl sie es dringend bräuchten, denn die Kinder-Regelsätze bei Hartz IV sind künstlich klein gerechnet und viel zu niedrig bemessen", kritisierte die Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann.

Im Zuge der Corona-Pandemie war die Bundesregierung allerdings vom geltenden Verrechnungsprinzip abgewichen. So wird der einmalig gewährte Kinderbonus von insgesamt 300 Euro auch an Hartz-IV-Familien ausgezahlt, ohne ihre staatliche Stütze deshalb zu schmälern. Umgekehrt wird der Kinderbonus auf den steuerlichen Kinderfreibetrag für wohlhabende Familien angerechnet. "Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung dieses Prinzip auch auf die regulären Kinderleistungen anwendet", sagte Zimmermann.

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, kritisierte ebenfalls, dass die bestehenden Sozialleistungen nicht aufeinander abgestimmt seien. "Das führt bei den Betroffenen zu einem großen Unmut", sagte Kober. "Besser wäre es, wenn es je nach persönlicher Einkommens- und Bedarfssituation fließende Übergänge bei den Sozialleistungen gäbe. Dadurch könnten harte Abbruchkanten verhindert werden."

KNA

07.07.2020 - Familie , Finanzen , Soziales