Pflege:

Diakonie übt scharfe Kritik an Spahn

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat scharfe Kritik an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geübt und ihn zu einer tiefgreifenden Pflegereform aufgefordert. Die Pflegeversicherung in ihrer jetzigen Form sei am Ende.

"Die Pandemie und der Lockdown fielen in die Zeit eines Vorwahlkampfs", sagte Lilie der "Welt" (Dienstag). "Glaubwürdige Politik ist aber kein Selbstzweck und darf auch kein Karrieresprungbrett sein. Zu den größten Fehltritten in diesem Zusammenhang gehört die Pflegeprämie." Der sogenannte Corona-Bonus war im Sommer nur den Beschäftigten in der Altenpflege gezahlt worden, nicht aber an die Krankenpflege.

Dazu sagte Lilie: "Diese Prämie ging nur an einige wenige, während andere in die Röhre gucken mussten, die in den Einrichtungen genauso hart gearbeitet haben. Das wird flächendeckend als ungerecht empfunden." Die Politik müsse noch einmal neu darüber nachdenken, wie man eine echte Anerkennung hinbekommt. "Dazu gehört aber mehr als ein einmaliger Bonus", so Lilie.

Notwendig sei eine systematische Aufwertung der Pflegeberufe: durch eine bessere tarifliche Bezahlung und zugleich durch eine tiefgreifende Strukturreform der Pflegeversicherung, forderte der Diakonie-Chef. "Die ist in ihrer jetzigen Form am Ende." 

Spahn habe "sich einen schlanken Fuß gemacht". "Jetzt wäre es wunderbar, wenn sich Minister Spahn an die Spitze einer Reformbewegung setzen würde oder wenn die Spitzen der Koalition ein Reformkonzept für die Finanzierung der Pflege vorlegen würden", so Lilie. "Ich fürchte aber, dass es dem beginnenden Wahlkampf geopfert wird und sich keiner daran die Finger verbrennen möchte. Dann haben wir die fatale Situation, dass mit einem kleinen Bonus ein Thema aufgeschoben wurde, dessen Verschiebung wir alle sehr teuer bezahlen werden."

KNA

17.08.2020 - Pflege , Politik