Weihnachten in Bethlehem

Erzbischof von Jerusalem: Christen sollen Heimat nicht verlassen

Mit einer Messe in der Bethlehemer Katharinenkirche haben die katholischen Christen der Geburt Christi vor über 2.000 Jahren gedacht. In seiner Predigt forderte der Leiter des Jerusalemer Patriarchats, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, die Politik zu mehr Mut auf. Trotz vieler Enttäuschungen und Rückschläge sollten sie nicht auf eigene Visionen verzichten.

„Mehr denn je brauchen wir heute eine echte und ernsthafte Politik“, sagte der oberste katholische Kirchenvertreter des Heiligen Landes bei der Mitternachtsmesse in der Geburtsstadt Jesu. Es sei an der Zeit, das „Abenteuer von Frieden und Brüderlichkeit zu wagen“.

Mit Blick auf die aktuelle Lage nach der Jerusalem-Erklärung von US-Präsident Donald Trump betonte Pizzaballa: „Das Heilige Land ist ein faszinierendes Land, reich an Geschichte und Tradition, das wir nicht besitzen, sondern dem wir dienen sollen - für die gesamte Menschheit.“ Ausdrücklich verwies er auf Papst Franziskus, der Jerusalem als Stadt des Friedens bezeichnet hatte. „Das ist sie aber nicht, wenn eine Seite davon ausgeschlossen wird.“ - An dem Gottesdienst nahm auch Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas teil.

Pizzaballa warnte davor, Weihnachten nur auf ein schönes und traditionelles Fest zu reduzieren, das ohne Konsequenzen bleibe. Weihnachten sei vielmehr eine Prophezeiung, die auf der einen Seite das Handeln Gottes zeige; auf der anderen verlange es aber von den Menschen zu handeln. „Ohne das Handeln Gottes ist Weihnachten unmöglich, und ohne unser Handeln ist Weihnachten nutzlos“, so der Verwalter des Patriarchats.

Zu mehr Mut rief Pizzaballa auch die Christen im Heiligen Land auf. Sie sollten ihre Heimat nicht verlassen. Sie sollten sich nicht von ihren kleiner werdenden Gemeinden, von unzureichenden Mitteln und der Unsicherheit des täglichen Lebens einschüchtern lassen. Eingezwängt zwischen Gegnern und mitunter Opfer von fremden Strategien, die ihre Kapazitäten überstiegen, dürften sie sich nicht verleiten lassen, dem Weg von Stärke und Macht zu folgen.

Weihnachten und die Menschwerdung Gottes in Armut und Demut seien eine Geste der Barmherzigkeit Gottes für eine Welt, in der Macht, Geltung und Reichtum erstrebenswert schienen. Das Fest lade zu einer Umkehrung der Logik und einer Mentalitätsänderung ein, in der Großes klein werde und in der Stärke zu Schwäche, Macht zum Geschenk werde - weil Gott so handele.

Anders als in seiner über weite Strecken theologischen Weihnachtspredigt hatte sich Pizzaballa in den vergangenen Wochen auch konkret zur aktuellen Lage nach Trumps Jerusalem-Erklärung geäußert. Dabei hatte er sich - in Abstimmung auch mit dem Papst und dem Vatikan - gegen Veränderungen des Status quo Jerusalems Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen gewandt und vor einseitigen Schritten gewarnt.

Der seit eineinhalb Jahren amtierende Verwalter des Patriarchats war um die Mittagszeit von Jerusalem kommend über den Checkpoint am Rahel-Grab in die Geburtsstadt Jesu gefahren. Anders als seine Vorgänger ging er das letzte Stück durch die Straßen Bethlehems zur Geburtskirche zu Fuß. Dabei wurde er von mehreren tausend Menschen begrüßt. Vor der Mitternachtsmette lud Pizzaballa Präsident Abbas zum Abendessen ein.

Nach der Christmette in der katholischen Katharinenkirche begab sich der Erzbischof in die benachbarte Geburtsbasilika und legte in der von einem silbernen Stern markierten Geburtsgrotte eine Figur des Jesuskindes nieder. In der hauptsächlich von den orthodoxen Konfessionen verwalteten Basilika können die Lateiner nur zu bestimmten Zeiten Gottesdienst feiern.

KNA