Kritik an Chinapolitik

Kardinal Zen: Vatikan lässt Gläubige und Demokraten im Stich

Der frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun (87), hat die Chinapolitik von Papst Franziskus kritisiert und dem Vatikan fehlende Unterstützung für die Demokratiebewegung in seiner Stadt vorgeworfen. „Der Vatikan bleibt stumm, während die ganze Welt auf Hongkong blickt“, sagte er in einem Interview der Zeitung „Die Welt“. Die Hongkonger Diözese befolge die zurückhaltende Linie Roms.

Zugleich erneuerte der Kardinal seinen Protest gegen die Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Führung in Peking aus dem vergangenen Jahr: „Der Heilige Stuhl hat jene verraten, die gläubig sind und Unterstützung gebraucht hätten und im Gegenzug nichts von Peking bekommen.“

Im September 2018 hatte der Vatikan mit Peking ein vorläufiges Abkommen zur Regelung von Bischofsernennungen geschlossen. In dem Zusammenhang hob der Papst die Exkommunikation mehrerer ohne seine Zustimmung geweihter Bischöfe auf, die allerdings von den chinesischen Behörden anerkannt sind. Umgekehrt erkannte Peking bislang nur wenige sogenannte Untergrundbischöfe an.

Der letzte Schritt des Verrats an den Gläubigen sei ein Dokument aus dem Juni gewesen, sagte Zen, in dem der Vatikan die Gläubigen aufgefordert habe, der staatlich zugelassenen Kirche, der sogenannten „Patriotischen Vereinigung“, beizutreten.

Schätzungen zufolge sind 9 bis 10 Millionen der knapp 1,4 Milliarden Einwohner der Volksrepublik China Katholiken; amtliche Angaben sprechen von 6 Millionen. Neben einer regierungsnahen, staatlich zugelassenen „Patriotischen Vereinigung“ gibt es die sogenannte Untergrundkirche in erklärter Gemeinschaft mit dem Papst.

Mit Blick auf die Proteste der Demokratiebewegung in Hongkong warf Kardinal Zen den Aktivisten fehlende Strategie vor. „Man kann nicht immer weiter machen, ohne irgendwelche Ergebnisse zu ernten“, sagte er. Straßen zu besetzen, sei noch kein Plan. Die Pekinger Regierung sei stark und die Hongkonger Polizisten verhielten sich „wie wilde Bestien“. „Es wird ein langer Kampf werden, der nicht ohne Strategie ausgefochten werden kann“, erklärte der Kardinal.

KNA

02.10.2019 - Asien , Bischöfe , Weltkirche