Warnung vor Diskriminierung behinderten Lebens

Kontroverse Bundestagsdebatte über Bluttests und Lebensrecht

Der Bundestag hat am Donnerstag kontrovers über vorgeburtliche Bluttests für Schwangere und ihre Aufnahme in den Leistungskatalog der Krankenkassen debattiert. Zahlreiche Abgeordnete bekundeten deutliche Vorbehalte gegen die Tests, die Trisomien bereits im Mutterleib erkennen können. In der Orientierungsdebatte warnten sie vor einer Diskriminierung behinderten Lebens.

Befürworter hielten dagegen, dass vorgeburtliche Tests etwa auf das Down-Syndrom schon seit Jahrzehnten von den Kassen finanziert würden. Der Bluttest sei weit risikoärmer als etwa eine Fruchtwasseruntersuchung und werde auch schon von einigen privaten Krankenkassen finanziert. Es gehe um gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsleistungen, aber auch um das Selbstbestimmungsrecht der Frau.

Zu der ethisch brisanten Frage gibt es unterschiedliche Positionen in allen Fraktionen. In der gut zweistündigen Aussprache ergriffen über 30 Abgeordnete jeweils drei Minuten das Wort. Anlass der Debatte war die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses von Kassen, Ärzten und Patientenvertretern, das Verfahren zur Zulassung des Tests als Kassenleistung auf den Weg zu bringen. Auf der Zuschauertribüne verfolgten Menschen mit Down-Syndrom und ihre Familien die Debatte.

Michael Brand (CDU) sagte, im Kern gehe es um den Schutz des Lebensrechts, nicht nur um Kassenleistungen. Wenn der Test Routine werde, steige der Druck auf Eltern, behinderte Embryos abzutreiben. In 90 Prozent der Fälle führe die Diagnose Down-Syndrom schon jetzt zum Schwangerschaftsabbruch. Es drohe ein Trend zu Selektion und Optimierung des Menschen.

Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) verwies auf Erfahrungen in Island, wo der Test flächendeckend sei. Dort kämen kaum noch Kinder mit Down-Syndrom zu Welt. Corinna Rüffer (Grüne) beklagte, dass das Down-Syndrom als Krankheit angesehen werde. „Wir leben in einer Gesellschaft, die leider immer noch ungeübt im Umgang mit Behinderung, aber geschult in Leistungsfähigkeit und Gesundheit ist“. Peter Weiß (CDU) warb für einen positiven Blick auf Menschen mit Down-Syndrom. Sie brächten Freude und Vielfalt ins Leben. Beatrix von Storch (AfD) sagte, Aufgabe des Gesetzgebers sei nicht die Optimierung des Menschen, sondern Schutz und Bewahrung seiner von Gott gegebenen Würde.

Stephan Pilisinger (CSU) forderte wie viele andere Redner eine Begrenzung der Tests auf Risikoschwangerschaften - für ihn ab der 12 Schwangerschaftswoche -, einschließlich einer umfassenden Beratung vor und nach dem Test. Thomas Rachel (CDU) betonte, dass eine Kostenübernahme durch die Kassen eine solche Beratung erst sicher stellen könne.

Karl Lauterbach (SPD) sagte, es sei nicht vertretbar, Frauen den risikoärmeren Test vorzuenthalten. Er forderte einen Ethikrat aus Wissenschaftlern und Ethikern, der künftig über derartige Gentests entscheiden solle. Schließlich könne die Medizin bald immer mehr Krankheiten oder Eigenschaften des Embryos im Blut der Mutter testen.

Wie mehrere Redner von SPD und Grünen führte Cornelia Möhring (Die Linke) das Selbstbestimmungsrecht der Frauen als Argument für eine Kostenübernahme an.

KNA