Neujahrsempfang

Papst spricht vor Diplomaten vom dritten Weltkrieg

Papst Franziskus hat die Kriege der Gegenwart als einen "dritten Weltkrieg in Teilen" bezeichnet. In seiner traditionellen Neujahrsansprache an das Diplomatische Corps im Vatikan sagte er am Montagvormittag: "Heute ist der dritte Weltkrieg in einer globalisierten Welt im Gange, in der die Konflikte zwar nur bestimmte Gebiete des Planeten unmittelbar betreffen, aber im Grunde genommen alle mit einbeziehen."

Weiter sagte der Papst: "Das beste und jüngste Beispiel dafür ist gerade der Krieg in der Ukraine mit seiner Spur von Tod und Zerstörung, mit den Angriffen auf die zivile Infrastruktur, bei denen Menschen nicht nur durch Bomben und Gewalt, sondern auch durch Hunger und Kälte ihr Leben verlieren." Als weitere Herde des weltweiten Kriegs nannte der Papst unter anderem den anhaltenden Krieg in Syrien, aber auch die wachsenden Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis.

Der Papst äußerte sich auch zu den aktuellen Spannungen in Jerusalem. Er sagte, er hoffe darauf, dass diese Stadt ihre "Berufung, ein Ort und ein Symbol der Begegnung und des friedlichen Zusammenlebens zu sein, zurückgewinnen kann, und dass der Zugang zu den heiligen Stätten und die Freiheit der Religionsausübung dort weiterhin gemäß dem Status quo gewährleistet und respektiert werden". Zudem appellierte er an die "Verantwortlichen des Staates Israel und des Staates Palästina", sie sollten den Mut haben, "in einen direkten Dialog einzutreten, um die Zwei-Staaten-Lösung in all ihren Aspekten in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und allen einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen umzusetzen".

Unter den Konfliktherden, für die der Heilige Stuhl sich für Frieden durch gerechte Lösungen einsetzt, nannte der Papst unter anderem Myanmar, den Jemen, mehrere Länder in West- und Zentralafrika sowie die koreanische Halbinsel. Um kriegerische Eskalationen zu vermeiden, sei eine weltweite Abrüstung nötig, insbesondere bei den Atomwaffen. Friede sei möglich, wenn in allen Staaten die "Kultur der Unterdrückung und der Aggression" überwunden werde, die dazu führt, "dass man seinen Nachbarn als einen Feind sieht, den es zu bekämpfen gilt".

Zugleich bedauerte der Papst in seiner Ansprache die "Schwächung der Demokratie in vielen Teilen der Welt und der Möglichkeit der Freiheit, die sie bietet". Dies sei ein Grund zur Sorge. Abweichend vom Redemanuskript ging Franziskus auch auf die jüngsten Ereignisse in Brasilien ein. Er nannte sie unter den "politischen Krisen in verschiedenen Ländern des amerikanischen Kontinents mit ihren Spannungen und Formen der Gewalt, die die sozialen Konflikte verschärfen". Neben Brasilien nannte er dabei auch Peru und Haiti.

Die Neujahrsansprache an die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten gilt als alljährliche außenpolitische Grundsatzrede der Päpste. Derzeit unterhält der Heilige Stuhl diplomatische Beziehungen mit 183 Staaten sowie mit der EU und weiteren internationalen Organisationen. 89 Staaten unterhalten eigene Vatikan-Botschaften in Rom.

KNA

10.01.2023 - Papst , Politik , Ukraine