Für rasche Gegenmaßnahmen

Seehofer will Migration über Belarus stoppen - Caritas warnt

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) beklagt eine zunehmende Migration über Belarus (Weißrussland) nach Deutschland und will sich am heutigen Mittwoch im Kabinett für rasche Gegenmaßnahmen einsetzen. Unterdessen warnt der katholische Sozialverband Caritas vor einer "unmenschlichen Instrumentalisierung der Menschen" und sieht Polen in der Pflicht, Menschenrechte zu wahren. Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert die Situation an der Grenze zwischen Polen und Belarus.

"Mittlerweile hat der zunehmende Migrationsdruck an der östlichen EU-Außengrenze auch direkte Auswirkungen auf Deutschland", zitiert das Nachrichtenportal The Pioneer (Mittwoch) aus einem Bericht des Innenministeriums, der am Mittwoch im Bundeskabinett beraten werden soll.

"Die Zahlen steigen stetig", so das Ministerium laut Bericht: "Das Regime in Belarus wirbt weltweit für eine Schleusung in die EU über Belarus." Die Liste von Staaten, deren Staatsangehörige visumfrei nach Belarus einreisen könnten, sei "kontinuierlich erweitert" worden, zuletzt unter anderem auf Iran, Pakistan, Südafrika, Ägypten und Jordanien.

"Wir sehen verstärkt Flüge aus Dubai, Istanbul und Beirut", erklärt das Ministerium weiter. Im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen hätten sich circa 15.000 irreguläre Migranten gesammelt. Die meisten strebten "einen dauerhaften Aufenthalt" in Deutschland an.

Seehofer will dem Bericht zufolge auch Sanktionen gegen Privatunternehmen, um gegenzusteuern: "Gegen alle Fluggesellschaften und sonstigen Unternehmen, die durch ihr Handeln die Instrumentalisierung irregulärer Migration durch das Regime in Belarus unterstützen, sind so schnell wie möglich EU-weite einschneidende Sanktionen zu verhängen."

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Situation an der Grenze zwischen Polen und Belarus. "An der Außengrenze der EU in Polen ist die Flüchtlingskonvention faktisch außer Kraft gesetzt", sagte Pro-Asyl-Europachef Karl Kopp der "Rheinischen Post". Er warnte die EU, als Antwort darauf selbst Menschenrechte außer Kraft zu setzen: "Diktatoren gewinnen dann, wenn Rechtsstaaten selbst die Flüchtlingskonvention brechen."

Auch der katholische Sozialverband Caritas sieht Polen in der Pflicht, Menschenrechte zu wahren. "Wir müssen Menschen, die an die EU-Außengrenze kommen, die Chance geben, ihr Schutzgesuch stellen zu können, sie menschenwürdig unterbringen und ihnen ein faires Verfahren ermöglichen", sagte Caritas-Migrationsexpertin Andrea Schlenker dem Kölner Portal domradio.de: "Wir können und müssen aber auch natürlich zivilgesellschaftliche Unterstützung hier anbieten und viele Hilfsorganisationen stünden bereit, hier auch wirklich zu versorgen und zu helfen."

Schlenker verwies auf klare EU-Regeln, wie Polen sich verhalten sollte. "Genauso sollte man versuchen, Belarus durch entsprechende Sanktionen und Druck von diesem unwürdigen Verhalten abzubringen", betonte sie. Eine "unmenschliche Instrumentalisierung der Menschen" sei vielfach belegt.

Das Innenministerium twitterte unterdessen am Dienstagabend, dass Seehofer seinem polnischen Amtskollegen, Mariusz Kaminski, Unterstützung angeboten habe. "Deutschland ist zunehmend von illegaler Migration über Belarus betroffen. Ich biete an, den Anteil der Bundespolizei deutlich zu erhöhen", so Seehofer. "Um die illegale Weiterreise nach Deutschland wirksam zu verhindern, sollten gemeinsame Streifen auf polnischem Gebiet zum Einsatz kommen." Darüber hinaus stelle der Minister auch logistische Hilfe, beispielsweise bei der Unterbringung und Versorgung in Aussicht.

KNA

20.10.2021 - Europa , Flüchtlinge , Politik