Sorge um Kasachstan

Papst Franziskus betet für die Opfer

Bei den schweren Unruhen in Kasachstan hat sich die Zahl der Opfer nach offiziellen Angaben weiter erhöht. Wie das Staatsfernsehen in der Ex-Sowjetrepublik am Sonntag berichtete, wurden bei den seit rund einer Woche anhaltenden Ausschreitungen bis zu dem Zeitpunkt 164 Menschen getötet. Unabhängige Informationen dazu gibt es kaum. Den Angaben zufolge liegt die Zahl der Verletzten bei mehr als 2.200. Zudem sollen landesweit rund 5.800 Menschen festgenommen worden sein. Staatspräsident Kassym-Schomart Tokajew ordnete für Montag einen nationalen Trauertag für jene an, die bei Unruhen ihr Leben verloren haben.

Staatliche Medien berichteten in der Nacht auf Samstag von Schießereien und Explosionen in Kasachstans größter Stadt Almaty. Auf Bitten der Regierung hat Russland rund 5.000 Soldaten in den Nachbarstaat entsandt.

Papst Franziskus äußerte sich am Sonntag besorgt. "Mit Schmerz" habe er erfahren, dass es bei den Protesten zahlreiche Opfer gegeben habe, sagte er beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Das katholische Kirchenoberhaupt forderte eine schnellstmögliche Rückkehr zu "sozialer Harmonie". Dies sei nur durch Dialog, Gerechtigkeit und Gemeinwohlorientierung möglich. Franziskus betete für die Toten und bat die Muttergottes um Beistand für das gesamte kasachische Volk.

Auslöser für die Unruhen in den vergangenen Tagen war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise. Dieser schlug in Proteste gegen die autoritäre Staatsführung des öl- und gasreichen Landes um. Tokajew wies Polizei und Armee am Freitag an, "ohne Vorwarnung" auf Demonstranten zu schießen. Er bezeichnete sie als "Terroristen" und "Banditen".

Menschenrechtler reagierten auf den uneingeschränkten Schießbefehl mit Empörung. "Ein solcher Befehl verletzt die rechtlichen Verpflichtungen Kasachstans, das menschliche Leben zu respektieren und zu schützen", hieß es in einer Erklärung der Organisation Human Rights Watch (HRW). Gewalt dürfe für Sicherheitskräfte immer nur das letzte Mittel sein. Der Schießbefehl müsse zurückgenommen werden.

Ungeachtet der Unruhen können die christlichen Kirchen in Kasachstan ihre Tätigkeit offenbar fortsetzen. Es fänden Gottesdienste statt, in den Kirchen werde für den Frieden gebetet, teilte der Weihbischof der katholischen Erzdiözese in der Hauptstadt Nur-Sultan, Athanasius Schneider, am Samstag per E-Mail der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Das kasachische Volk sehne sich nach "Harmonie im gesellschaftlichen Leben".

Der Moskauer Patriarch Kyrill I. hatte sich zum russisch-orthodoxen Weihnachtsfest am Freitag besorgt über den "schweren Bürgerkonflikt" in dem Nachbarland geäußert. Zuvor forderte Kasachstans orthodoxer Metropolit Alexander am Mittwoch in einer Videobotschaft die Beendigung des "Schürens brudermörderischer Konflikte".

Etwa 70 Prozent der mehr als 18 Millionen Einwohner Kasachstans sind Muslime. Der Großteil der gut vier Millionen Christen gehört der orthodoxen Kirche an, die dem Moskauer Patriarchat untersteht; die Zahl der Katholiken gibt der Vatikan mit etwas über 120.000 an.

KNA

10.01.2022 - Asien , Konflikt , Papst