"War leider vorhersehbar"

Sozialpfarrer erwartet weitere Corona-Fälle in Fleischbetrieben

Nach dem Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück erwartet der Menschenrechtler und Theologe Peter Kossen weitere solcher Vorfälle. "Angesichts der Bedingungen, unter denen die Arbeitsmigranten in der Fleischindustrie arbeiten müssen, war solch ein Ausbruch leider vorhersehbar", sagte der Sozialpfarrer.

Die meist aus Osteuropa stammenden Arbeiter seien von "ihrer langen, schweren Arbeit ausgelaugt" und daher besonders anfällig für das Coronavirus, sagte Kossen. Die deutschen Arbeitsschutzbestimmungen würden nur selten eingehalten oder kontrolliert. "Wenn Menschen 6 Tage in der Woche 10, 12 oder manchmal sogar 14 Stunden arbeiten müssen, dann geht das nicht", sagte der Geistliche. "Wirklich dagegen vorgegangen wird aber nicht."

Kritik äußerte Kossen an NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), der aus Rumänien und Bulgarien eingereiste Arbeiter für den aktuellen Corona-Ausbruch verantwortlich gemacht hatte. "Man muss sehr aufpassen, dass man nicht aus Opfern Täter macht." Opfer seien die Sklaven und nicht die "Sklaventreiber", die für die schlechten Arbeitsbedingungen in den Fleischbetrieben verantwortlich seien.

Es sei zynisch und gefährlich, die Schuld für den Ausbruch des Coronavirus allein bei den Migranten abzuladen. Da heiße es dann schnell: "Die dreckigen Rumänen halten sich nicht an die Regeln und schleppen uns hier das Virus ein."

Der Lengericher Pfarrer Kossen hat den Verein "Aktion Würde und Gerechtigkeit" gegründet, der sich für die Rechte von Leiharbeitern einsetzt. Er forderte weniger Werkverträge in den Schlachthöfen, bessere Wohnverhältnisse für die Arbeitsmigranten und mehr Bemühungen um deren Integration.

KNA

19.06.2020 - Corona , Politik , Wirtschaft