Weniger ist mehr?

Stiftung fordert Neuordnung der Krankenhauslandschaft

Für eine grundlegende Neuordnung der Krankenhauslandschaft in Deutschland spricht sich die Bertelsmann Stiftung aus. "Mit weniger als der Hälfte der Krankenhäuser wären Patienten besser versorgt", heißt es in der am Montag in Gütersloh veröffentlichten Studie. Eine starke Verringerung der Klinikanzahl - von aktuell knapp 1.400 auf deutlich unter 600 Häuser - würde die Versorgungsqualität für Patienten verbessern und zudem bestehende Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mildern. Kritik kam von der Bundesärztekammer und Patientenschützern.

Ziel: Bessere Versorgungsqualität

In der Studie weisen Experten darauf hin, dass viele Krankenhäuser zu klein seien und oft nicht über die nötige Ausstattung und Erfahrung verfügten, um lebensbedrohliche Notfälle wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall angemessen zu behandeln. "Nur Kliniken mit größeren Fachabteilungen und mehr Patienten haben genügend Erfahrung für eine sichere Behandlung", schreiben die Wissenschaftler des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (Iges), die von der Stiftung mit dem Gutachten beauftragt wurden. Sie könnten eine gesicherte Notfallversorgung, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, ausreichend Erfahrung des medizinischen Personals sowie eine angemessene technische Ausstattung vorweisen.

Die Neuordnung der Krankenhauslandschaft müsse vor allem das Ziel einer besseren Versorgungsqualität verfolgen, sagte Stiftungsvorstand Brigitte Mohn. Eine vordringliche Orientierung an Fahrzeiten ginge dagegen in die falsche Richtung. "Wenn ein Schlaganfallpatient die nächstgelegene Klinik nach 30 Minuten erreicht, dort aber keinen entsprechend qualifizierten Arzt und nicht die medizinisch notwendige Fachabteilung vorfindet, wäre er sicher lieber ein paar Minuten länger zu einer gut ausgestatteten Klinik gefahren worden", so Mohn.

Ländlicher Raum dann unterversorgt?

Die Bundesärztekammer bezeichnete die Vorschläge als befremdlich. "In Ballungsgebieten mit erhöhter Krankenhausdichte kann es durchaus sinnvoll sein, dass Ärzte und Pflegepersonal in größeren Strukturen Patienten behandeln", erklärte Präsident Klaus Reinhardt. Gerade im ländlichen Raum aber müsse die flächendeckende Versorgung der Patienten sichergestellt werden. Wichtig sei deshalb auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Medizinern und Kliniken. "Wer auch immer mit welchen Ideen den Krankenhaussektor verändern will, muss dem grundgesetzlichen Auftrag der Daseinsvorsorge, der Gleichheit der Lebensverhältnisse und dem Feuerwehrwehr-Prinzip der Krankenhäuser im Katastrophenfall gerecht werden."

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor einem Kahlschlag. "Es geht nicht immer nur um komplizierte Operationen mit Maximalversorgung", sagte Vorstand Eugen Brysch. Vielmehr müssten auch die Patienten gut behandelt werden, die keine Maximaltherapie benötigen und dennoch ins Krankenhaus gehen müssen. Zu dieser Gruppe gehörten besonders alte, pflegebedürftige und chronisch kranke Menschen. "Schließlich machen die schon heute mehr als 60 Prozent der Krankenhauspatienten aus."

KNA

15.07.2019 - Deutschland , Gesundheit