Fehlende Tolietten bedrohen Gesundheit

Welttag erinnert an die Bedeutung von Hygiene

Ein Erdloch in Bangladesch, ein wackeliger Verschlag im Kongo, Grubenlatrinen in Kenia: Diese Örtchen listet die Hilfsorganisation Oxfam als „die schlimmsten Toiletten der Welt“. Rund 2,3 Milliarden Menschen - knapp 40 Prozent der Weltbevölkerung - haben nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen ausreichenden Zugang zu sanitären Einrichtungen. Das kann gravierende Folgen für Gesundheit und Lebensqualität haben und leistet Seuchen und Krankheiten Vorschub.

Deshalb gibt es seit 2001 einen Welttag, der inzwischen auch von den Vereinten Nationen mitgetragen wird - und nur im ersten Moment zum Lachen ist: der Welttoilettentag. In manchen Gegenden der Welt ist der Gang zur Toilette nicht möglich oder aber mit Gefahren und Krankheiten verbunden. Der UN wollen das ändern: Ihre Agenda 2030 soll auch beim Aufbau von sanitären Anlagen helfen. „Die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“, lautet das entsprechende Entwicklungsziel.

Laut WHO gibt es bereits Erfolge zu verzeichnen. Über zwei Milliarden Menschen haben seit 2001 Zugang zu verbesserten sanitären Einrichtungen erhalten. Das ist auch Hilfsorganisationen wie Oxfam zu verdanken, die sich im Bereich der humanitären Hilfe auf den sogenannten WASH-Bereich spezialisiert haben: Wasser, Sanitär und Hygiene. Denn: „Fehlende Toiletten und Hygiene sind ebenso bedrohlich wie ein Mangel an Medizin und Nahrung“, sagt Ulrich Wagner, der die Nothilfe-Arbeit der Organisation in Ost- und Zentralafrika sowie Asien koordiniert.

Besonders schwierig ist die Lage oftmals für Frauen und Mädchen, weil sie bei Dunkelheit oder unsicheren sanitären Einrichtungen Übergriffe fürchten müssen. Das betrifft zum Beispiel die Flüchtlingscamps in verschiedenen Ländern wie Cox's Bazar in Bangladesch. Dort berichtete Care im Frühjahr von Frauen, die kaum etwas tranken, weil die nächste Toilettenstation zu weit von ihrem Zelt entfernt war. Andere verrichteten ihre Notdurft auf freier Fläche.

Nicht verschließbare Anlagen oder gemischte Frauen- und Männertoiletten können gewalttätige Übergriffe ermöglichen. Im Irak brechen menstruierende Mädchen bisweilen die Schule ab, nicht zuletzt, weil sanitäre Anlagen fehlen, so Care.

Not macht erfinderisch, erklärt Oxfam. Aber nicht immer in einem guten Sinne. So bezeichnet der Begriff „fliegende Toilette“ Kot in Plastiktüten, die dann auf die Straße geworfen werden. Auch „hängende Toiletten“ sind keine schicke Konstruktionen in einem Szene-Lokal, sondern Bretter, die Slumbewohner in Liberias Hauptstadt Monrovia über einen Flusslauf gelegt haben. Die Helfer bauen deswegen Wasserversorgungssysteme neu auf, sanieren bestehende Anlagen oder installieren Gesundheitszentren.

Das Thema betrifft auch wohlhabende Länder. Klärwerksbetriebe weisen in diesem Jahr besonders darauf hin, dass Toiletten keine Mülleimer sind: Feuchttücher, Essensreste oder Haare sollten nicht dort entsorgt werden. In manchen Kommunen werden zudem Forderungen nach mehr öffentlichen Toiletten laut - insbesondere nach behindertengerechten Anlagen.

Angesichts von drohender Wasserknappheit weltweit suchen Experten zudem nach neuen Lösungen für nachhaltige Abwassersysteme. Die German Toilet Organization etwa sieht das westliche Toiletten-Modell nicht für alle Länder als brauchbar an. Und das hat nicht nur technische Gründe, erklärt Oxfam: Die Installation von sanitären Anlagen sei auch eine kulturelle Herausforderung. „Sich mit einem Megafon hinzustellen und den Menschen Anweisungen zu erteilen, bringt gar nichts. Man muss verstehen, wo die Leute herkommen, was für Bräuche sie haben, welche Tabus es bei ihnen gibt“, sagt Experte Wagner. Die Helfer versuchen deswegen, mit Sketchen und kleinen Theaterstücken über Hygienemaßnahmen zu informieren. Dann gibt es zum Welttoilettentag doch etwas zu Lachen.

Paula Konersmann (KNA)

19.11.2018 - Ausland , Hilfswerke