Playmobil wird 50

Ritter, Western, Puppenhaus – und die Arche Noah

Wer erinnert sich nicht gerne zurück an die ersten Spiel­erlebnisse mit Playmobil? Für viele Junggebliebene bleiben sie bis heute begehrte Sammlerobjekte. Der spielerisch-friedliche Siegeszug des deutschen Männlein-Wunders durch die Kinderzimmer hatte paradoxerweise seinen Ursprung im Nahostkrieg und der ­Ölkrise 1973.  

Zum Sortiment der Firma Geobra Brandstätter aus Zirndorf zählten eigentlich Großkunststoffartikel wie Deckenverkleidungen und Kinder-möbel, doch durch den Einsatz der arabischen Ölwaffe verzehnfachte sich der Preis für Plastik. Firmenchef Horst Brandstätter griff auf eine Idee seines Entwicklungsleiters Hans Beck zurück: Spritzguss-Spielzeugfiguren mit beweglichen Körperteilen und einem geringeren Verbrauch an Kunststoff. Am 2. Februar 1974 wurden die 7,5 Zentimeter großen „Playmobil“-­Figuren auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorgestellt. Die erste Serie beschränkte sich noch auf die Modelle Ritter, Bauarbeiter und Indianer. Bald kam die US-Kavallerie hinzu plus Pferdekutschen und einem modular aufgebauten Western-Fort. 

Bereits 1975 startete der internationale Export. 1978 landete Playmobil einen weiteren Coup mit einem schwimmfähigen Piratenschiff, einem Zwei­master mit Papiersegeln, Bordkanonen, Goldschatz und Kapitäns­kajüte. Zuvor hatten Generationen von Kindern mit Zinnsoldaten, Metallbaukästen oder Puppen gespielt, dann mit Modelleisenbahnen, Lego und seit 1966 auch mit Fischer-Technik. 

Playmobil knüpfte an dieses Konzept der Miniaturisierung der Erwachsenenwelt an, stellte dabei aber weniger die Konstruktionstechnik als den Menschen in den Mittelpunkt.  Es gab Zubehör für ganze Dioramen und Themenwelten samt Behausungen aus allen Epochen sowie austauschbare Kleidungstücke, Kopfbedeckungen, Waffen und Werkzeuge für die „Klicky“-Hände, die seit 1982 sogar drehbar sind. 1976 erreichte die Emanzipation das Playmobil-Universum in Gestalt der ersten weiblichen Figuren, 1981 beziehungsweise 1984 kamen Kinder und Babys hinzu. 

Es gibt wohl nichts, was Playmobil in 50 Jahren nicht nachgebildet hat: James Bonds Aston Martin und elf weitere Automarken, Flughäfen und Passagierjets, eine elektrische Spur-G-Eisenbahn, U-Boote, Kreuzfahrtschiffe und Containerfrachter, ja sogar Dinosaurier. Das pharaonische Ägypten inklusive Pyramiden lässt sich ebenso nachstellen wie alt­römische Legionen und Galeeren. Auch biblische Geschichten lassen sich nachspielen: So gab es die Arche Noah oder eine Weihnachtskrippe samt Heiligen Drei Königen. 

Hinzu kommen begehrte Sammler­figuren, etwa Napoleon. Im Klein­format zu haben sind Friedrich der Große und Alexander der Große, Mozart und Bach, Dürer, Schiller, ­Goethe und St. Nikolaus. Star-Trek-Fans dürfen sich über Großmodelle von Raumschiff Enterprise und einem klingonischen Raumkreuzer freuen. Die mit über einer Million Stück meistverkaufte Figur unter den rund drei Milliarden „Klickies“ in 70 Exportländern ist Martin Luther samt Bibel­übersetzung, eine Sonderedition zu 500 Jahren Reformation.

Michael Schmid

23.01.2024 - Jubiläum , Kinder , Spiele