Interaktiv und immersiv

Wenn sich das Bild selbst malt

Claude Monet (1840 bis 1926) gehört zu den Künstlern, deren Werke fest in der Populärkultur verankert sind. Ähnlich wie Vincent van Goghs „Sonnenblumen“ oder Michelangelos sixtinische Engel finden sich Monets Seerosen oder auch sein Mohnblumenfeld nicht nur in Museen wieder, sondern auch auf Regenschirmen, Notizbüchern und vielem mehr. Die Faszination von Monets Werken transportiert die internationale Ausstellung „Monets Garten“, die derzeit in verschiedenen deutschen Städten gastiert, mit moderner Technik ins 21. Jahrhundert. 

Die Veranstalter sprechen von einem „immersiven Ausstellungserlebnis“. Immersiv beschreibt einen Effekt, bei dem der Betrachter in eine multimediale Illusion aus Bild und Ton eintaucht und diese als real empfindet. Die Projektionen machen dem Betrachter die Bilder quasi erlebbar: So hängen in den Räumen nicht die echten „Monets“, sondern digitale Rahmen mit bewegten Bildern. Tausende bunte Tupfen, die an die charakteristischen impressionistischen Pinselstriche denken lassen, wirbeln über die Bildfläche und fügen sich nach und nach zu den berühmten Seerosen-Bildern zusammmen. Es ist, als ob sich die Werke selbst malen.

Bewegtes Leben

Im Zentrum der Ausstellung steht der sogenannte Showroom. Hier taucht der Besucher – auf Hockern sitzend oder in einem Liegestuhl liegend – in einer dreiviertelstündigen Vorführung in Monets Schaffen ein. Die bewegten Bilder, zu denen aus Monets Leben erzählt wird, wirbeln nahezu um den Zuschauer herum und erzählen von Monets Anfängen als realistischer Maler, als er vor allem seine Muse und spätere Ehefrau Camille porträtierte. 

Verewigt ist sie unter anderem im Alter von 19 Jahren als „Camille im grünen Kleid“ (1866) und im Gemälde „Die Mohnblumen“ (1873). Immer wieder hat man das Gefühl, als werde man selbst von Mohn- und anderen Blütenblättern berieselt, so überzeugend sind die Lichteffekte der Show.

Eine Krise erlebte der Künstler, als Camille 1879 mit nur 32 Jahren starb. Ablenkung fand er in seinen zahlreichen Reisen. So fuhr er im Dezember 1883 gemeinsam mit dem Maler Auguste Renoir an die französische Mittelmeerküste. Von Januar bis April 1884 malte Monet an der Riviera. Zwei Jahre später folgte eine weitere Reise nach Holland. Im Herbst 1886 malte er in der Bretagne, von Januar bis April 1888 an der Côte d’Azur. Im Sommer 1888 reiste Monet nach London. Auch Norwegen und Venedig besuchte er. 

Besonders die Erfindung der Eisenbahn und die mit ihr verbundenen Zugverbindungen ermöglichten schnellere und billigere Reisen, so dass Monet es sich leisten konnte, mehrmals innerhalb Frankreichs zu reisen. Dabei war er immer mit seinen Malutensilien unterwegs und malte an den besuchten Orten. 

An den französischen Küsten entstanden unzählige Darstellungen von Küstenlandschaften und Booten, in denen Monet mit Licht und Schatten experimentierte. Er erkannte: „Das Motiv ist nie, was es ist, sondern was das Licht aus ihm macht.“ Sein Bild „Impression, Sonnenaufgang“ (1872) aus dieser Schaffensphase, eine Hafenansicht von Le Havre, gab einer kompletten Kunstrichtung ihren Namen: Impressionismus. In seinen letzten 30 Lebensjahren beschäftigte sich Monet hauptsächlich mit der Anlage und Gestaltung seines Gartens in Giverny, in dem er auch einen Seerosenteich anlegte. Hier arbeitete er an seinen Seerosen-Bildern. Tragisch: Der Künstler erkrankte an Grauem Star und musste erleben, wie seine Kunst in Farbe und Form immer reduzierter wurde, da er kaum noch etwas erkennen konnte. 

Zudem hatte Monet immer wieder mit finanziellen Nöten zu kämpfen, da er mitunter nicht dem Kunstgeschmack seiner Zeit entsprach und von seinen Arbeiten nicht mehr leben konnte. Er floh mehrmals vor seinen Gläubigern und musste von seiner Familie finanziell unterstützt werden. Doch all das bremste seine Kreativität nicht. Heute ist Claude Monet einer der bekanntesten und beliebtesten Maler der Welt.

Neue Facetten

Wie zeitlos Monets Werk ist, sieht man auch daran, wie scheinbar mühelos sich seine Arbeiten in „Monets Garten“ auch mit modernsten Gestaltungsmethoden so präsentieren lassen, dass sie gleichzeitig ihren alten Charme erhalten und neue Facetten sichtbar machen. Insbesondere Kinder erleben hier „Monet zum Anfassen“. Vor riesigen Leinwandflächen können sie durch eigene Bewegungen die projizierten Farbstrudel selbst steuern und so individuelle, wenngleich flüchtige, Farb-Installationen erschaffen. Etwas länger halten die selbstbemalten Seerosen, die an einer Malstation nach eigenen Wünschen eingefärbt und per Scanner in einen virtuellen Teich gesetzt werden können. 

Ergänzt durch Musik und Düfte, spricht „Monets Garten“ alle Sinne an und ist ein Erlebnis für die ganze Familie – auch jene, die meinen, sie hätten mit Kunst „nichts am Hut“. Schon Claude Monet selbst sagte einmal, man müsse seine Kunst gar nicht verstehen – nur lieben. Das fällt in „Monets Garten“ nicht schwer.

Victoria Fels

Information

„Monets Garten“ ist noch bis zum 14. April im Münchner „Utopia“, bis zum 24. April in den Dresdner Ostra-Studios und bis zum 12. Mai in der Frankfurter Raumfabrik zu sehen. In der Freiburger Messe läuft die Ausstellung vom 16. Mai bis 2. Juli. Geöffnet täglich von 10 bis 21 Uhr. Weitere Informationen und Tickets (ab 24 Euro) im Internet unter www.monets-garten.de.

11.04.2024 - Ausstellung , Kunst , Medien