Die Flut guter Tropfen ist eine Sache auf dem Fränkischen Rotweinwanderweg, die Fülle sakraler Perlen eine andere. Echte Kleinode säumen die 60 Kilometer von Großostheim nach Bürgstadt: Kapellen, Dorfkirchen, Bildstöcke, zwei Klöster. Und moderne Reliefs von Winzerpatron Urban.
„Schütze unsere Reben“ oder „Schütz’ unsern Weinberg“ steht als Bitte unter den Darstellungen. Das Leitmotiv des Wanderwegs kommt gleichermaßen zu seinem Recht. Ein Schild auf der Strecke unterstreicht: „Ein Rendezvous mit dem Frankenwein ist der Beginn einer Leidenschaft, die oft fürs Leben reicht.“
Meisterwerk zum Auftakt
Der Abmarsch allerdings verzögert sich. Die Meisterwerke, die zum Auftakt in Großostheim vor sich hin schlummern, verlangen nach einem Plus an Zeit. Unschätzbaren Wert hat in der Kirche St. Peter und Paul der Beweinungs-Altar von Tilman Riemenschneider (um 1460 bis 1531). Maria und Christus sind größer und feiner aus Lindenholz geschnitzt als die übrigen Figuren.
Unweit der am Marktplatz gelegenen Kirche öffnet Ewald Lang, Museumsleiter und Vorsitzender des Geschichtsvereins, die Pforte ins Bachgaumuseum, das ursprünglich ab dem Spätmittelalter als dompropsteiliches Lehensgut fungierte. Lang führt in die Abteilung „Kirche und Volksfrömmigkeit“.
Eine Bibel von 1702 in Schweinsledereinband nennt er lachend „alte Schwarte“. Dann schwenkt er zu einem spätgotischen Flügelaltar aus der Drippelskapelle. Katharina und Barbara flankieren Maria mit dem Kind. „Typisch für damals waren die S-förmigen Figuren, die schönen Locken und die tiefen Falten der Gewänder“, erklärt Lang.
Großostheimer Krippchen – Zeichen für Volksfrömmigkeit und Reichtum
„Unser allerbestes Stück“, nennt er einen kleinen Flügelaltar aus derselben Zeit, nur 67 Zentimeter hoch und 59 Zentimeter breit. Im Fokus steht die heilige Familie, bekannt ist er als Großostheimer Krippchen. „Solche Altarstiftungen waren Ausdruck der Volksfrömmigkeit und zugleich des Reichtums einzelner Bürger oder auch der Zünfte“, liest man im Museumsheft. In Vitrinen schaut man auf kleinere Exponate wie Wallfahrtsmedaillen und eine auf 1880 datierte Musterkollektion eines Rosenkranzhändlers.
Dann aber geht’s los auf dem Rotweinweg, immer dem Wandersymbol nach: einem gut gefüllten, leicht gekippt stehenden Rotweinglas. Den landschaftlichen Rahmen geben das Maintal und die Ausläufer von Spessart und Odenwald.
Sakrale Raritäten
Noch vor dem Beginn der Weinlagen liegt hinter Großostheim die Altheiligkreuz-Kapelle am Weg. Durch ein Gitter fällt der Blick auf eine winzige Mater Dolorosa. Und so geht es heute und bei den nächsten Tagesetappen weiter: nicht nur durch Rebgärten und Mischwälder, an Streuobstwiesen, Brombeer- und Haselnusssträuchern vorbei – sondern immer wieder zu sakralen Raritäten.
Bis Obernburg sind das eine Hirtenkapelle für Sankt Wendelinus, eine Kapelle mit dem Appell „Heiliger Georg, bitt für uns“, ein Bildstock mit der Schmerzensmutter und der Inschrift: „Woher, wohin, wozu geht der Weg deines Lebens, du fragst vergebens.“