Existenzielle Debatte angestoßen

Debatte um ZdK-Präsidentin Stetter-Karp und Abtreibung hält an

Die Debatte über einen Artikel der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, zum Thema Abtreibung geht weiter. Auf Anfrage des Portals katholisch.de sagte der Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen und ZdK-Mitglied Thomas Arnold, er halte es zumindest für gewagt, angesichts großer Herausforderungen wie dem Krieg in der Ukraine nun eine solch existenzielle Debatte anzustoßen.

Er hätte es besser gefunden, "mit diesem Impuls die nächste Vollversammlung zu eröffnen, um sich als ganzes ZdK in einer veränderten Zeit der eigenen Position zu versichern", sagte Arnold. Eine neue Debatte laufe Gefahr, Polarisierungen innerhalb und außerhalb der Kirche zu verstärken.

Angesichts der neuen Diskussion mahnte er mit Blick auf die Diskussionen um Abtreibung und um Sterbehilfe: "Wer am Lebensanfang ein flächendeckendes Angebot fordert, läuft Gefahr, das Gewissen des Einzelnen und die Freiheit der freien Träger zu unterlaufen. Und wer ein flächendeckendes Angebot für den Lebensanfang fordert, läuft Gefahr, mit gleicher Begründung auch das flächendeckende Angebot am Lebensende umsetzen zu müssen."

Die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Mechthild Heil, verwies auf den hohen Wert der ergebnisoffenen Beratung von Schwangeren und ergänzte: "Diese Beratung sollte flächendeckend angeboten werden sowie dann gegebenenfalls auch die Möglichkeit eines medizinischen Eingriffs." Denn als katholische Frauengemeinschaft achte man "die beiden zu schützenden gleichwertigen Persönlichkeitsrechte: das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des Kindes".

Die konservative katholische Initiative Maria 1.0 hatte am Montag Stetter-Karp zum Rücktritt aufgefordert: Dass sich "eine der obersten Vertreterinnen des Funktionärskatholizismus bei dem sensiblen und wichtigen Thema 'Lebensschutz' so explizit gegen die offizielle Lehre der katholischen Kirche stellt, erschreckt."

Stetter-Karp hatte in einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" unter anderem erklärt, es sei "sicherzustellen, dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs flächendeckend ermöglicht wird". Insbesondere im ländlichen Raum sei das derzeit aber nicht der Fall.

Zugleich hatte die Präsidentin des katholischen Laiengremiums betont, dass ein Schwangerschaftsabbruch aus Sicht des ZdK nicht als reguläre medizinische Dienstleistung betrachtet werden dürfe. Sie verwies außerdem auf das Schutzkonzept einer doppelten Anwaltschaft für Mutter und Kind in der Beratung Schwangerer. Diese erfolge einerseits mit dem Ziel, Perspektiven für ein Leben mit dem Kind aufzuzeigen, auch im Fall einer Behinderung.

Andererseits sei die Beratung "ergebnisoffen", die Entscheidung könne letztlich nur bei der Schwangeren selbst liegen: "Das Leben eines Kindes lässt sich nur schützen, wenn die Mutter selbstbestimmt Ja zu ihrem Kind sagen kann."

Entschieden wandte sie sich gegen Forderungen aus der Politik nach einer weiteren Liberalisierung der Abtreibung in Deutschland: "Paragraf 218a darf unter keinen Umständen in seiner Substanz angetastet werden." Danach ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig; er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die Frau sich zuvor beraten lassen - mindestens drei Tage vor dem Abbruch.

KNA

21.07.2022 - Kirche , Laien , Lebensschutz