Nach jahrzehntelanger Debatte

Koalition einigt sich auf Grundgesetzänderung zu Kinderrechten

Die Kinderrechte sollen eigens im Grundgesetz verankert werden. Wie das ARD-Hauptstadtstudio am Montag unter Berufung auf die Unions-Bundestagsfraktionen mitteilte, einigten sich Union und SPD nach jahrelangen Verhandlungen auf eine entsprechende Formulierung. Demnach soll Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes geändert werden. Allerdings verfügt die Koalition allein nicht über ausreichend Stimmen für eine Grundgesetzänderung.

Nach dem Willen der Regierungsfraktionen soll die Formulierung lauten: "Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt."

Eine Arbeitsgruppe von CDU, CSU und SPD, zu der auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) gehörten, hatte sich demnach bereits vor Weihnachten auf diese Formulierung geeinigt.

"Mit der jetzt erzielten Einigung beenden wir eine jahrzehntelange Debatte über Kinderrechte im Grundgesetz", sagte Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) dem ARD-Hauptstadtstudio. Der Kompromiss setze um, was man sich im Koalitionsvertrag vorgenommen habe. "Er macht Kinderrechte im Grundgesetz sichtbar und verankert das Kindeswohl im Grundgesetz. Gleichzeitig sorgt er aber auch dafür, dass die Rechte der Eltern keinesfalls geschmälert werden".

Frei sprach sich gegen eine staatliche "Lufthoheit über den Kinderbetten" aus. "Für solche übergriffigen Fantasien ist in unserem Familien- und Gesellschaftsbild kein Platz". Es bleibe beim wohlaustarierten Dreiecksverhältnis von Kindern, Eltern und Staat, in dem die Erstverantwortung für die Erziehung bei den Eltern sei und bleibe.

Umstritten war vor allem, ob das Wohl des Kindes "vorrangig" oder "angemessen" berücksichtigt werden solle. Der Bonner Rechtsanwalt Thomas Mayen vom Deutschen Anwaltsverein kritisierte den Kompromiss gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio. Mit der Formulierung "angemessene" Berücksichtigung des Kindeswohls bleibe er hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück.

Union und SPD wollen das Grundgesetz noch vor der Bundestagswahl im September zu ändern. Dafür ist aber eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat nötig.

KNA

12.01.2021 - Kinder , Politik , Recht & Gesetz