Versöhnung in Korea (Donnerstag, 17. Mai 2018 10:50:00)

Versöhnung in Korea

Anton Trauners Einsatz als Missionar

WERTINGEN/BUSAN – Noch trauen viele dem Frieden nicht. Und doch scheint es so, als ob in Korea nach Jahrzehnten der Konfrontation zwischen demokratischem Süden und kommunistischem Norden die Zeit der Versöhnung angebrochen ist. Selbst eine Wiedervereinigung scheint nicht mehr völlig illusorisch. Nicht wenige Menschen auf der Halbinsel dürften angesichts dieses „korea­nischen Wunders“ dankbar auf einen Missionar aus Deutschland blicken: Anton Trauner.

Der Neupriester kam 1958, fünf Jahre nach Ende des Koreakriegs, aus Wertingen in der Diözese Augsburg nach Südkorea. In Busan kümmerte er sich um die vor den Kommunisten aus Nordkorea geflohenen Menschen und wurde zum „Vater der Armen“. Von Anfang an setzte er auf das Gebet. Er gründete Gebetsgruppen, durch die viele Koreaner zum christlichen Glauben fanden. Das Anliegen der eifrigen Rosenkranzbeter war der Friede. 

Wallfahrt zur Grenze

Seit 1974 organisierte Trauner alljährlich eine Wallfahrt zur Grenze zwischen Nord- und Südkorea. Dort, an dieser umkämpften Demarkationslinie, sollte der Rosenkranz gebetet werden. Tausende schlossen sich der Wallfahrt an. Pfarrer Trauner erbaute an der Grenze eine unterirdische Fatimakirche für 500 Menschen. Unablässig wird hier für den Frieden gebetet. 

Im Oktober vorigen Jahres starb Trauner im Alter von 95 Jahren. In seiner deutschen Heimat kennt ihn heute kaum noch jemand. In Südkorea dagegen hat er sich durch seine Gebetsinitiativen und seinen unermüdlichen Einsatz für eine friedliche Wiedervereinigung des Landes zu einer bekannten Persönlichkeit entwickelt. Sein dortiger Ehrenname bedeutet übersetzt „Hochwürdiger Herr Fluss“ – inspiriert von dem Flüsschen Traun, das man aus seinem Namen ableitete.

Der Friede, für den man in Korea nicht aufhörte zu beten, schien in weite Ferne gerückt, als 2011 Kim Jong-un in Nordkorea die Macht von seinem Vater Kim Jong-il übernahm. Das Verhalten des Diktators wurde immer aggressiver. Die Raketentests ließen Furchtbares erahnen, gerade für Südkorea und das Nachbarland Japan. Das Nuklear­programm hatte den Bau einer Atombombe zum Ziel und schien erfolgreich zu verlaufen.

Kriegsdrohungen Richtung Amerika versetzten die Welt in Schrecken, denn sie blieben nicht ohne Antwort. Säbelrasseln auf beiden Seiten. Zuletzt musste angesichts der zunehmend scharfen Reaktion aus Washington mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Alle Sanktionen, die gegen Nordkorea verhängt wurden, änderten nichts an der aggressiven Haltung der roten Fami­liendiktatur.

Doch dann das: Die Olympischen Spiele, zu denen auch Nordkorea eingeladen war, brachten eine Verbesserung des politischen Klimas zwischen Nord und Süd. Gespräche von US-Präsident Donald Trump und Kim Jong-un wurden angekündigt. Völlig überraschend kam es dann Ende April zu einem Treffen des südkoreanischen Staatspräsidenten Moon Jae-in mit dem nordkoreanischen Machthaber an der Demarkationslinie in Panmunjom. 

Es war ein historischer Augenblick, als Kim Jong-un die Grenze überschritt. Friedensgespräche wurden angekündigt. Das nordkoreanische Nuklearprogramm und die Raketentests sollen eingestellt werden. Ein Aufatmen geht durch die Welt. Japan, so scheint es sich abzuzeichnen, braucht sich nicht länger bedroht zu fühlen, ebensowenig Südkorea und die Vereinigten Staaten.

Meilenstein für Frieden

Der Vorsitzende der koreanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Hyginus Kim Hee-Jong, sprach von einem „Meilenstein für den Frieden“. Die Gläubigen forderte der Erzbischof von Gwangju auf: „Betet, dass der auferstandene Herr, der seinen Jüngern den Frieden gebracht hat, auch unserem Land den dauerhaften Frieden schenken möge!“ Der Bischof von Daejon, Lazarus You Heung-sik, sagte, er habe geweint, als er die Bilder im Fernsehen sah.

Anton Trauner hat die Schrecken des Zweiten Weltkriegs am eigenen Leib erlebt. Vier Jahre verbrachte er in Kriegsgefangenschaft. Er wusste, wie wichtig Versöhnung ist. Dass auch in Korea Versöhnung möglich ist, daran hat er stets geglaubt und entsprechend gehandelt. Die Gebetsbewegung für den Frieden auf der zerstrittenen Halbinsel war sein Werk. Daran darf angesichts des „koreanischen Wunders“ erinnert werden.

Ludwig Gschwind / red