ROM – Ein bedeutender Vatikanmitarbeiter hat in einem neu erschienenen Buch mit Korrespondenz von Paul VI. das bisher unbekannte Protokoll eines Treffens zwischen dem Papst und dem Traditionalistenbischof Marcel Lefebvre veröffentlicht. Es handelt sich um die Gespräche vom 11. September 1976.
Bischof Marcel Lefebvre, der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) ohne Erlaubnis des Vatikans Priester weihte, erklärte dem damaligen Papst Paul VI. gegenüber, er habe niemals den Nachfolger Petri persönlich angreifen wollen. Daraufhin antwortet Paul VI. in harschem Ton: „Das stimmt nicht. Ihnen wurde oft schriftlich und mündlich mitgeteilt, dass Sie sich irren und weshalb Sie sich irren. Doch Sie wollten nie darauf hören. Sie haben gesagt und geschrieben, ich sei ein Modernisten-Papst. Indem ich ein Ökumenisches Konzil anwende, würde ich die Kirche betrügen. Wenn dies so wäre, dann müsste ich meinen Rücktritt einreichen und Sie einladen, meine Stelle einzunehmen, um die Kirche zu leiten.“
Dokument beweist Dialog
Es ist ein dramatisches Dokument, mit Schreibmaschine in Italienisch verfasst und mit vielen Einschüben auf Französisch versehen, der Muttersprache Lefebvres. Das Treffen fand in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo statt. Lefebvre hatte die Priesterbruderschaft Pius X. geführt und galt als vehementester Gegner des Konzils. Nachdem er im Juni 1976 unerlaubt Priester geweiht hatte, suspendierte ihn Paul VI. vom Bischofsamt. Bisher war nicht klar, ob sich der Papst um eine Aussprache mit den Lefebvristen bemühte.