Ein Kardinal sucht Wege zum Frieden

Sondergesandter des Papstes beendet Russland-Besuch

Er ist weiter gekommen, als viele im Vorfeld geglaubt haben. Doch ganz bis ins Zentrum der Macht hat es der Friedensgesandte des Papstes für den Ukraine-Krieg, Kardinal Matteo Zuppi, dann doch nicht geschafft. Ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin blieb während der dreitägigen Russland-Reise des Erzbischofs von Bologna aus.

Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hatte Zuppi bei dessen Besuch in Kiew vor gut drei Wochen empfangen - und das, obwohl in der Nacht zuvor die Zerstörung des Kachowka-Staudamms eine Flutkatastrophe im Land ausgelöst hatte.

Obgleich er weder Putin noch Außenminister Sergej Lawrow sprach: Zuppi konnte in Moskau die Hilfe des Vatikans für einen Austausch von Kriegsgefangenen mit der Ukraine anbieten und andere humanitäre Initiativen erörtern. Mit dem außenpolitischen Berater des russischen Präsidenten, Juri Uschakow, sprach er unter anderem über Kriegsgefangene. Zudem traf er einen weiteren wichtigen Putin-Verbündeten: den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., der in der Vergangenheit wiederholt zur Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine aufgerufen hatte.

Ob die Begegnung mit Kyrill stattfinden würde, war lange ungewiss. Nach Kriegsbeginn hatte sich die Stimmung zwischen Franziskus und dem Moskauer Patriarchen deutlich abgekühlt. Zuletzt sendeten aber beide Zeichen der Annäherung. Entsprechend bemühten sich Zuppi und Kyrill um eine harmonische Atmosphäre.

Das Patriarchat veröffentlichte am Donnerstag ein Video, das die beiden im Gespräch an einem Tisch mit Dolmetschern und weiteren Teilnehmern zeigt. In einer Lage, in der das Risiko für einen Konflikt großen Ausmaßes bestehe, sei es sehr wichtig, dass sich alle Kräfte vereinen, die sich von diesen Entwicklungen abheben wollen, sagte Kyrill. Die katholische und die russisch-orthodoxe Kirche hätten Erfahrung in Zusammenarbeit. "Während des Kalten Kriegs gab es einen Dialog", sagte Zuppi. In der nun angeheizten Situation brauche es noch mehr und nicht weniger Kommunikation.

Humanitäre Initiativen, die eine friedliche Lösung des Konflikts ermöglichen können, standen laut dem Heiligen Stuhl im Zentrum des "fruchtbaren Treffens" zwischen Zuppi und Kyrill. Auch bei den weiteren Begegnungen des Kardinals sei es um humanitäre Themen gegangen, etwa im Gespräch mit Putins Kinderrechtsbeauftragter Maria Lwowa-Belowa. Gegen die Politikerin liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen der Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland vor. 

Selenskyj hatte den Papst darum gebeten, sich für die Rückkehr der mutmaßlich mehr als 19.000 aus der Ukraine entführten Kinder einzusetzen. Ob und in welcher Weise Zuppi nun mit Lwowa-Belowa über das Thema gesprochen hat, ist nicht klar. Der Vatikan veröffentlichte nur die groben Linien des Treffens. Demnach ging es um humanitäre Aspekte und die Notwendigkeit für Frieden.

Ebensowenig hatte der Vatikan die Liste der Gesprächspartner vor Zuppis Abreise nach Moskau veröffentlicht. Das erinnert an den Ukraine-Besuch. Dass Zuppi in Kiew am Ende Selenskyj traf, war eine Überraschung. Erst im Mai hatte der ukrainische Präsident nach einer Begegnung mit Franziskus im Vatikan ein Vermittlungsangebot des Papstes ausgeschlagen.

"Mit Putin kann man nicht verhandeln", sagte Selenskyj damals. Stattdessen bat er den Papst, sich für einen Abzug der russischen Armee aus der der Ukraine und die Bestrafung aller Kriegsverbrecher starkzumachen.

Ob Zuppis Mission zum Frieden führen wird oder zumindest ein Baustein auf dem Weg dahin sein kann, muss sich zeigen. Der russische Bischof Clemens Pickel erinnerte am Freitag in seinem Blog daran, dass "kleine Schritte, keine großen Entwürfe" das Ziel des Gesandten gewesen seien. Nach dessen Rückkehr in den Vatikan ist die Friedensmission des Papstes also noch nicht zu Ende.

Oliver Hinz und Anita Hirschbeck/KNA

03.07.2023 - Frieden , Russland , Vatikan