Exklusiv-Interview

„Glauben können ist ein Glück“

Sie erfand und moderierte das ZDF-Frauenjournal „ML Mona Lisa“, berichtete vom Balkan, aus Tschetschenien und Gaza und leitete das ZDF-Auslandsstudio in London, bevor sie bis zu ihrem Ruhestand 2010 an der Verwaltungsspitze des NDR stand: Maria von Welser war einst ein bekanntes Gesicht im deutschen Fernsehen. Im Exklusiv-Interview erzählt die 77-jährige Trägerin des Bundesverdienstkreuzes von ihrem Glauben, ihren Gebeten und der zeitlosen Bedeutung der Zehn Gebote.

Frau von Welser, stammen Sie aus einem frommen Elternhaus?

Nein, nicht wirklich. Meine Eltern waren beide evangelisch, haben auch mich evangelisch taufen lassen. Allerdings bin ich in einer katholischen Gemeinde in die Volksschule gegangen und war damit das einzige „Heidenkind“. Der katholische Pfarrer hat mich in seinen Religions­unterricht aufgenommen, sodass ich katholisch aufgewachsen bin und dann auch 2000 zur katholischen Kirche konvertiert bin.

Wurden Sie religiös erzogen?

Nein. Meine Eltern haben sich immer gewundert, wenn ich am Sonntag in die Kirche gegangen bin.

Was bedeutet Gott für Sie?

Halt im Leben. Zuflucht in Not. Beruhigung in unruhigen Zeiten.

Wie kann der einfache und sündige Mensch die „göttliche Sphäre“ erreichen?

Nur durch die Gnade, glauben zu dürfen.

Gibt es einen Zustand, in dem Sie sich als Teil des Ganzen empfinden?

Immer in der Natur, am See, in den Bergen, beim Garteln in den Beeten.

Beten oder meditieren Sie?

Ich bete und nehme mir das auch jeden Abend vor dem Schlafen vor. Aber es wird auch öfter vergessen. Dann gehe ich am nächsten Morgen zu meinem Südtiroler Kruzifix und hole das Gebet nach – auch wenn es nur ganz kurz ist.

Welchen Rat würden Sie einem Menschen geben, der Gott sucht, ihn nicht gefunden oder ihn sogar verloren hat?

Schwere Frage! Ich kann da keinen Rat geben. Glauben können ist ein Glück, das kann man niemandem beibringen oder gar verordnen.

Wie gehen Sie als Journalistin mit Konfliktherden und Meinungsverschiedenheiten um, und wie gelingt ihnen die  Förderung eines konstruktiven Dialogs?

Das sind ja drei Fragen! Zu den Konfliktherden dieser Welt: Ich war dort fast überall, ich habe darüber berichtet und schreibe mir stets am Abend im Hotel – oder wo auch immer – alles auf, was ich gesehen und gehört habe, damit ich darüber berichten kann. Meinungsverschiedenheiten: Da bin ich nicht gut – ich kann keinen Streit schlichten, geschweige denn ertragen. Daraus ergibt sich schon die Antwort auf den dritten Teil der Frage.

Kann der Glaube an das Gute zu allumfassender Liebe führen?

Wenn das Glas im Leben halbvoll ist und nicht halbleer, dann ist alles möglich: Liebe vor allem.

Für welche Werte kämpft Maria von Welser?

Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit – oder besser noch: Geschwisterlichkeit.

Sind alle Werte zeitgemäß oder müssen einige den aktuellen Umständen angepasst werden?

Die Grundwerte finden sich in den Zehn Geboten. Die sind zeitlos, da muss nichts angepasst werden. Da müssen sich höchstens die Menschen anpassen.

Welche Botschaft möchten Sie anderen Journalisten und Menschen vermitteln, die nach Wahrheit, Gerechtigkeit und einem tieferen Verständnis der Welt streben?

In den vorigen beiden Antworten steckt alles drin.

Haben Sie ein Bibelzitat als Lebensmotto?

„Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben; ehre Vater und Mutter; Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mt 19,18b-19).

Interview: Andreas Raffeiner

Information

Maria von Welser hat ihren journalistischen Werdegang in dem Roman „Die Unbestechliche“ verarbeitet. Er ist bei List erschienen (ISBN: 978-3-471-36061-3) und kostet 21,99 Euro

04.04.2024 - Glaube , Interview , Medien