"Tragfähiger Kompromiss"

CSU-Politikerin Aigner für Erhalt von Abtreibungs-Paragraf 218

Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner warnt vor einer Streichung des Abtreibungs-Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch. "Ich denke, dass es durch die Aufkündigung dieses tragfähigen Kompromisses zu einer kontroversen öffentlichen Debatte weit über meine Partei hinaus kommen würde. Und ich fürchte, dass die Frauen dabei nur verlieren können", sagte die CSU-Politikerin in einem Streitgespräch mit der Grünen-Politikerin Laura Dornheim in der "Zeit".

Derzeit ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss sich eine Frau zuvor beraten lassen. Außerdem müssen zwischen Beratung und Abbruch mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren. In der Ampelkoalition gibt es Pläne, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts neu zu regeln. Derzeit prüft eine Kommission mögliche Regelungen.

Der politische Kompromiss für den Paragrafen war laut Aigner 1992 hart umkämpft, sei aber weiterhin sinnvoll. "Wir schützen seither im Grundgesetz die schwangere Frau, aber auch das ungeborene Leben." Aigner verwies auf die verpflichtenden Beratungen, durch die eine Abtreibung straffrei werden könne. "Ein Beratungsgespräch zu absolvieren und dann noch einmal drei Tage zu überlegen, ob die Entscheidung richtig ist, das ist für eine Straffreiheit doch wirklich nicht zu viel verlangt", sagte Aigner, die auch Vorsitzende des bayerischen Landesverbands von Donum Vitae ist.

Der Schwangerenberatungsverein stellt nach einer Beratung auf Wunsch weiterhin die für eine straflose Abtreibung nötigen Beratungsscheine aus. Katholische Stellen machen das seit rund zwei Jahrzehnten nicht mehr.

Dornheim hingegen bezeichnete die Beratungspflicht als Demütigung für die betroffenen Frauen. "Ich habe es selbst erlebt. Es fühlte sich an wie ein Spießrutenlauf." Zudem sorgten Beratungen nicht dafür, dass Entscheidungen gegen Abtreibung getroffen würden, "sondern dafür, dass Abbrüche später passieren und medizinisch und psychologisch belastender werden". Dornheim ist die Enkelin des ehemaligen bayerischen Kultusministers und früheren Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Maier, der Donum Vitae 1999 mitgegründet hatte.

Eine Streichung des Paragrafen sei "die Grundlage, um ungewollt Schwangere besser behandeln zu können", sagte Dornheim. Zudem müsse das Thema gesellschaftlich stärker besprochen werden, auch mit Männern. Frauen dürfe nicht das Gefühl gegeben werden, nicht darüber reden zu dürfen.

KNA

13.07.2023 - Abtreibung , Lebensschutz , Politik