Im Berliner Dom

Religionsvertreter würdigen Schäuble bei Gedenkgottesdienst

Bei einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom haben Vertreter der Kirchen und Religionen am Montag den verstorbenen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble als überzeugten Christen und hingebungsvollen Demokraten gewürdigt. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, sagte: "Er war ein Antipopulist und ein Mensch, der sich ganz und gar, mit all seiner Kraft, Leidenschaft und Hingabe in den Dienst unseres Gemeinwesens und unserer Demokratie gestellt hat." Im Anschluss an die Feier sollte der Trauerstaatsakt im Plenarsaal des Deutschen Bundestags stattfinden.

Der Gottesdienst wurde von Domprediger Stefan Scholpp gemeinsam mit dem katholischen Prälaten Karl Jüsten und Vertretern anderer Religionen gestaltet, sowie dem Staats- und Domchor Berlin. An der Feier nahmen neben Familienangehörigen, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weitere Spitzenvertreter aus Parlament, Regierung, Politik, Justiz und Gesellschaft teil.

Schäuble war am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtstag, im Alter von 81 Jahren in Offenburg gestorben. Der CDU-Politiker gehörte in den vergangenen Jahrzehnten zu den einflussreichsten Politikern Deutschlands und gilt als Architekt der deutschen Einheit. Von 1972 bis 2023 war er 51 Jahre lang ununterbrochen Bundestagsmitglied und bei seinem Tod der dienstälteste Abgeordnete. Von 2017 bis 2021 war er Bundestagspräsident. In den Regierungen von Helmut Kohl und Angela Merkel (beide CDU) gehörte er mehrmals dem Kabinett an, unter anderem als Chef des Kanzleramts, als Finanz- sowie als Innenminister.

Nach den Worten der EKD-Ratsvorsitzenden hat Schäuble "als gläubiger Protestant gelebt und gehandelt". Dabei sei für ihn Martin Luthers Einsicht leitend gewesen, Glaube und Politik zu unterscheiden. Ihm sei auch aus eigener Erfahrung klar gewesen: "Der Mensch ist nie allein, er ist angewiesen, von Geburt an bis zum Tod." Als langjähriger Bundesminister habe er sich "als Dialogiker par excellence" erwiesen. Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber erinnerte an die Einführung der Islamkonferenz durch Schäuble. Dabei hätten sich in besonderer Weise "nüchterne Einsicht und visionäre Kraft" verbunden. Der Rabbiner Andreas Nachama dankte Schäuble im Namen der jüdischen Gemeinde. Ein Vertreter der islamischen Gemeinschaft las Verse aus dem Koran vor.

Jüsten würdigte die "große ökumenische Gesinnung" Schäubles. Er habe "immer ein offenes Ohr und viel Wertschätzung für die katholische Kirche, für ihre Glaubenspraxis, ihre Theologie und für ihre Anliegen" gehabt. Er versicherte den Angehörigen des Gebets der Kirche und dankte für Schäubles Wirken zum Wohle Deutschlands, Europas und der ganzen Welt.

KNA