Tag 4:

Große Begeisterung, denn „man hockt als Kirche da“

Der Höhepunkt naht. Der Weltjugendtag 2023 soll an diesem Wochenende auf dem „Campo da Graça“ (Feld der Gnade) nahe des Naturschutzgebiets am Mündungsdelta des Tejo-Flusses seinen feierlichen Abschluss finden. Eine Lissaboner Gastfamilie, bei der ein paar Augsburger untergebracht waren, hat erzählt, dass das Gelände vorher ein Moor war. Für den Weltjugendtag wurde die Fläche extra angelegt. „Ich habe auch gedacht, dass man vielleicht mit einer Wiese rechnen kann“, sagt Verena Beggel und lacht. Die Gruppe der Jugendreferentin aus Memmingen und Busleiterin durften wir gestern schon beim Kreuzweg begleiten. „Aber jetzt ist es hier eben sehr steinig. Wir haben die Steine dann auf die Seite geräumt – wegen der Matte, dass es nicht so durchdrückt.“

Nächtliche Gebetswache

Isomatten und Schlafsäcke sind heute Bestandteil der Standausrüstung all der vielen hunderttausend Pilger, die im Lauf des Mittags und Nachmittags auf das Feld der Gnade geströmt sind. Nachzügler kommen bis in den Abend. Auf dem Campo schlagen sie heute ihr Nachtlager auf. Bevor sie es sich auf ihrer Matte auf dem steinigen Grund so bequem wie möglich machen werden, feiern sie mit Papst Franziskus die Vigil, eine nächtliche Gebetswache mit Eucharistischer Anbetung. Und am Sonntag die „Aussendungsmesse“. So heißt der Gottesdienst, bei dem auch der Austragungsort für das nächste Treffen der katholischen Weltjugend bekanntgegeben wird.

So ist das also heute wieder mal ein langer Tag für die Jugendlichen. Er begann in der Unterkunft um halb sieben mit einer Messe, dann gab es Frühstück. Und um viertel nach acht, halb neun sind sie schon aufgebrochen. „Erst gelaufen, dann mit der Metro“, berichtet Jugendpfarrer Daniel Rietzler aus Weißenhorn. „An den verschiedenen Stationen gab es aus dem Logistik-Team Verantwortliche, die uns dann hierher gelotst haben.“ Hier, das ist der Sektor B9 auf einem Gelände, das in gut 80 Teilstücke untergliedert wurde. Den Plan dafür hat jeder Pilger in der Weltjugendtags-App.

Frohe Stimmung bei den Pilgern

Jetzt, kurz nach 17 Uhr, ist es heute, an einem der heißesten Tage bisher, noch deutlich über 30 Grad warm. Doch den jungen Leuten geht es gut. Ein paar Kranke sind daheimgeblieben, berichtet, Verena. „Aber bis jetzt macht niemand voll schlapp. Ein bisschen Sonnenbrand, etwas erschöpft vom vielen Gehen“, das sind die einzigen Blessuren. „Alle halbe Stunde geht immer jemand zur Stelle, an der es Trinkwasser gibt, und nimmt leere Flaschen mit. Zeitweise steht man aber wohl fast eine halbe Stunde an“, erklärt die Jugendreferentin. Vor der Sonne schützen sich einige mit ihrem Schirm. Andere haben ihre Zeltplane am Zaun befestigt und sich so ein Dach geschaffen, unter dem sich eine späte Siesta halten lässt. Wer keine Lust zum Quatschen und Feiern hat, macht ein Nickerchen. In der Hoffnung, dass niemand wegen der engen Platzverhältnisse – auf der Suche nach dem Ausgang oder der Gruppe einer Freundin – auf die Matratze der Schläfer tritt. Es spricht große Lockerheit aus der frohen Grundstimmung der Pilger, die sie sich von keiner Beschwernis nehmen lassen. Ansprüche an Bequemlichkeit und Komfort stellt hier niemand.

Dann, als es schon dunkel ist, um 20 nach neun, wendet sich Papst Franziskus an die Menge. Tausende jubeln, Applaus brandet auf. Der Pontifex spricht über die Freude Marias. Ganz gut ist er nicht zu verstehen – es muss am zu leise eingestellten Lautsprecher liegen. Mit großer Aufmerksamkeit folgen ihm alle. 

Der Papst habe heute richtig frisch gewirkt, sagt Teresa aus Pöttmes, nachdem dieser das Feld und alle Feiernden mit der Monstranz gesegnet hat. Die 17-Jährige hat es berührt, dass zu merken war, „dass man als Menge, als Kirche hier hockt. Dass es noch Menschen gibt, die sich von Gott berühren lassen.“ Dass das hier so viele sind, hat sie die letzten Tage „im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen“. Mit einem Lächeln im Gesicht wünschen sie sich auf dem Feld der Gnade gegen elf eine gute Nacht. Wenn sie nicht noch feiern, auf den Wegen zwischen den Sektoren tanzen und Halleluja singen oder im Anbetungszelt, in dem die geweihten Hostien für den Gottesdienst am nächsten Tag in Kisten bereitstehen, im stillen Gebet verharren.

Ulrich Schwab

Jede Menge weitere Informationen zum Weltjugendtag gibt es auf https://bistum-augsburg.de und https://www.katholisch1.tv!